Wir trafen uns also in Jerez de la Frontera, wo an diesem Samstag der Matador de Toros, Caro Gil, eine Unterrichtsstunde im Toreo de Salon anbot. Das Ganze fand in einem öffentlichen Park in der Innenstadt statt.
Aber so ganz allein war ich doch nicht. In einer Ecke endeckte ich zwei Toreros, die mit Capa und Muleta, das Toreo de Salon praktizierten.
Ein Novillero, Cristobal Reyes und ein Ehemaliger, jetzt Mozo de Espadas, Alvaro Marquez, schwangen dort die Tücher. Wir machten uns bekannt und schnell waren wir beim Thema, Toros, Toreros, ganaderias und die aktuelle Situation der nicht so ‘berühmten’ Toreros. Man forderte mich auf, die Capa zu schwingen. Welch Ehre, denn diese hatte Lopez Simon einem von ihnen geschenkt. Erstaunt stellte ich fest, das diese weniger wog, als die von mir zur Zeit benutzte, von Eloy Hilario. Die Muleta allerdings, mit einem recht authentischen Degen, wog schwerer, als die meine, von Maestro Paco Ojeda.
In den wenigen Minuten lernte ich, wie die traditionelle Übergabe der Trastos bei einer Alternativa, das Grüßen und das Entgegennehmen an der Bande funktioniert. Klasse! Das Manövrieren der Capa ließ zumindest erkennen, das ich etwas gelernt habe, mit der Muleta wurde der letzte Schwenker des Handgelenks kritisiert. Dank den beiden habe ich wieder etwas lernen können und taute langsam auf.
Ein kleiner Lieferwagen kam nun in die Mitte gefahren und jemand lud rote Tücher aus...- Muletas! Und Capotes. Nach und nach kamen ein paar Menschen zu der Bank, wo alles gestapelt war und ich sah nun auch das ‘Objekt meiner Begierde’, den Torero Caro Gil, heranschlendern.
Ein Mal tief durchatmen und los! Ich wollte mich vorstellen, aber schon hatte einer der Anwesenden mich erkannt. Maestro Gonzales Villegas, aus El Puerto, war mit mir zu der Demonstration taurino im März nach Valencia gefahren. Er war so nett mich den anwesenden Aficionados vorzustellen, einige erinnerten sich an das Foto und die TV Übertragung der Manifestacion, wo eine Deutschlandfahne zu sehen war. Und so wurde ich in einem wirklich taurinischen Rahmen, dem Maestro Caro Gil vorgestellt.
Ich erklärte ihr worum es sich bei diesem Treffen ging, zeigte ihr die Capas, erklärte die Funktion und auch die Trainingshörner führte ich ihr vor, damit sie eine ungefähre Vorstellung von den Waffen der Toros bekam. Es machte richtig Freude, dieser aufgeschlossenen jungen Frau alles zu erklären, sie hatte viele Fragen, denn all das war ja neu für sie. Auch die sportlichen und mentalen Aspekte des Toreo wurden erläutert. Das man sich blind auf die Kraft der Beine und den Gebrauch der Tücher verlassen muss. Das es eine heftige Geschichte ist, irgendwo aufzutreten, ohne zu wissen ob man die Bühne wieder lebend verlässt...
Wir unterhielten uns natürlich auch darüber, das es, bei einem richtigen Stierkämpfer, ein Unding ist, wegzulaufen, das er sich nicht, wie ein Fußballer auswechseln lassen kann. Und das ein Stierkampf eigendlich kein Kampf ist, sondern Kunst. Auch erläuterte ich ihr, die Vergabe der Trophäen, dass dies eine sehr demokratische Sache ist, weil der Zuschauer mitentscheiden kann und das Größte für alle Beteiligten der Indulto, der begnadigte Stier ist.
Im Fall der praktizierenden Aficionados, stellen wir uns kleinen Kühen, oder, fortgeschritten, den ausgewachsenen. Aber wir töten diese nicht.
Als ‘Praktikant’ töte ich ohnehin nicht. Es ist nicht notwendig, in diesem Fall.
Ein Torero hat keine Wahl, entweder er oder der Stier. Vielleicht hat es Andrea überrascht, dass ich ihr den Toro als ein wunderschönes, stolzes Tier schilderte, ohne den wir ‘Nichts’ wären, das er der eigentliche Star auf der Bühne ist. Wir haben viele Themen angeschnitten und am Ende hat sie sogar die Capa in die Hand genommen und den Toro, in Form von Caro Gil, in Empfang genommen und an sich vorbeisausen lassen. Sie hat Talent.
Allerdings glaubt sie nicht, das sie ein Mal eine richtige Corrida besuchen würde. Ich verwies sie auf Portugal, wo der Toro ja nicht vor dem Publikum getötet wird.
Ihre Antwort hat mich sehr gefreut: „Das ist aber dann auch nicht sehr ehrlich“. Denn das ist es auch für mich nicht, denn der Toro wird dort hinter verschlossener Tür getötet.
Ob unsere Welt nun einen neuen Aficionado gewonnen hat... In jedem Fall Jemanden, der intelligent, respektvoll mit diesem Thema umzugehen weiß und dies ist, in meinen Augen das Wichtigste. Es ging nicht darum, jemanden zu überreden zu Stierkämpfen zu gehen, sondern ihm einfach die Sache näher zu bringen, damit sie nicht blind abgelehnt und bekämpft wird. Und ich denke, das Andrea und ich einen guten Schritt in diese Richtung getan haben.
In diesem Sinne bedanke ich bei Ihr für ihren Besuch und Ihr Interesse, welches obendrein die spanischen Aficionados ein Mal mehr überrascht hat. Deutsche Frauen und die Stiere und das richtig ernsthaft, etwas kurioses in dieser Welt der ‘Machos’.