Gerena ist ein ‘Nest’ der Toreros, die Brüder Campuzano sind hier aufgewachen, die Stiere des Marques de Albaserrada weiden unweit des kleinen Städtchens. Toreros wie Daniel Luque, Manuel Escribano, M.A.Leon und zahlreiche Novilleros sind hier beheimatet.
Das Festival, ähnlich wie schon in Puebla del Rio, hat sich zu einem Stelldichein von ‘Taurinos’ der Umgebung gemausert. Unser Plan, in einem guten Restaurant zu Mittag zu essen, scheiterte. Kein Platz mehr, ohne längere Wartezeit in Kauf zu nehmen. Vor uns, in der Schlange der geduldig Wartenden, Antonio Campuzano, der Manager von Roca Rey.
Das Lokal, etwas neuer, kleiner, war mit zahlreichen Fotos und Cartels dekoriert, Cobradiezmos, indultiert von Escribano in Sevilla, zierte mehr als ein Foto. Manuel Escribano ist, wenn ich mich nicht irre, der einzige Matador der einen Victorino und einen Toro de Miura indultiert hat. Respekt!
Auch hier wurde ich freundlichst begrüßt, hier war alles etwas mehr ‘spanisch’ und schon bald unterhielt ich mich lebhaft mit einem älteren Herrn, wie sich später herausstellte, der Vater des Matadors.
Eine sehr nette Frau, mit auffallend blauen Augen, bemühte sich, mir die einheimische Küche nahezubringen... Ich bin kein großer Esser und unbekannte Sachen sind nicht unbedingt mein Begehr. Aber dies war das Lieblingsessen ihres Sohnes, versicherte mir die Frau mit den blauen Augen, die Mutter Manuel Escribanos. Also blieb mir nichts anderes übrig. Und wie auch in der Pena von Don Gregorio, war das Essen geschmacklich eine Offenbarung, mit den Mengen, welche ein Torero braucht, kann ich nicht mithalten. Auch im Hause Escribano war man überrascht einen deutschen Aficionado zu begrüßen. In Sevilla oder Madrid mag man auf viele ausländische Anhänger treffen, aber das ein deutscher Aficinado den Weg nach Gerena findet, hat anscheinend was. Man schenkte mir eine schöne Flasche ‘Vino de Rama’, mit dem Emblem des Toreros, der in diesem Jahr besonders gut sei.
Als erster trat ein Rejoneador auf, dessen Familie einen guten Namen hat : Quinta. Profis für Picadorpferde und Rejoneo. Die Pferde waren eine Augenweide, bestens geschult. Aber ich kann dem Ganzen wenig abgewinnen, leide jedes mal wie ein Hund, wenn der Stier dem Pferd zu nahe kommt.
Ein gepflegteres Äußeres präsentierte Curro Diaz, dem mit einem weiteren, schwächelnden Exemplar zumindest ein paar gute Sieren mit der Muleta zeigen konnte, Marke des Hauses ‘CurroDiaz’. Zwei Orejas, die Fiesta del Pueblo begann...
Nun war die Reihe an einem weiteren Matador aus Gerena: Daniel Luque. Das war interessant, seit der letzten Saison ist er im Aufwind, nach einigen Jahren, wo es recht still um ihn war. Gespannt verfolgte ich seinen Auftritt. Mit der Capote kann er es, zumindest mit der Veronica mit den Besten aufnehmen. Schnell hatte er den Toro und das Publikum ‘in der Tasche’. Der Exess in der Capote forderte seinen Tribut in der Muleta, wo nicht viel Toro übrig war. Aber hier gab es auch von mir ein Oreja, das war recht vielversprechend. Zwei Orejas und Rabo vom Pueblo für Daniel Luque.
‘Calerito’ war der Novillero con Picador, welcher mir am Besten gefallen hat. Sein Novillo war ein ausnehmend gutes Exemplar, welches er mit guter Colocacion zu lenken wusste. Toreo vertical und fundamental, wie man es gerne sieht. Zwei Orejas und Rabo.
Diesen Jungen lernte ich vor zwei Jahren kennen, bei einer Novillada in der Ganaderia Albaserrada und verfolge seinen Werdegang. Er hat was, aber er ist ein ungestümer Jungspunt, dem es manchmal an Disziplin und Weitsicht fehlt. Kein Aspirant für potente Apoderados, die erst einmal investieren müssten, wie weiland El Pipo in El Cordobes.
Juan, als Sohn des Städtchens, hoffte in in diesem Festival einen Auftritt zu bekommen, immerhin waren fast alle Toreros aus Gerena im Cartel. Aber..., es sollte nicht sein. Aus mir unbekannten Gründen, wollte man von ihm nichts wissen, verpflichtete stattdessen Calerito, der nicht aus dem Dorf ist. Das fanden Juan Gines und seine Anhänger ungerecht. Aber keiner nahm Notiz davon, nicht der Bürgermeister empfing ihn, um ihm das ‘Wieso und Warun’ zu erklären.
Wie Juan auf die Idee kam, weiß ich nicht, jedenfalls nahm er Schlafsack, Ketten und ein Schild mit zum Bürgermeisteramt, kettete sich dort an, um seine ‘Oportunidad’ seine Chance zu fordern. Die Sozialen Netzwerke verbreiteten das Ganze, Tage lang. Die Polizei redete dem Jungen ins Gewissen, der Bürgermeister wollte nicht nachgeben und Juan Gines auch nicht. ‘Con dos cojones’, wie man hier so sagt. Am Ende waren es die Bewohner des Dorfes, welche die Präsens des Jungen im Cartel forderten, man drohte mit Boikott. Ein Eral von der Ganaderia Marques de Albaserrada wurde herbeigeschafft und mit diesem hatte Gines sich nun zu messen.
Ich hätte gerne mal gesehen, was ein anderer Torero mit diesem Tier angefangen hätte... Das Dilema, nicht nur das von Juan Gines, war der Abschluss mit dem Degen. Nicht ein Torero hat seinen Stier bei der ersten Estocada getötet. Und Gines, im Halbdunkel der hereinbrechenden Nacht, war keine Ausnahme. Obendrein, selbst wenn tötlich verletzt sind die Toros von Albaserrada, wie die Victorinos nicht geneigt sich ihrem Ende zu ergeben, sie halten sich schier endlos auf den Beinen.
Und das Pech hatte Gines. Die Estocada sah gut aus, zeigte aber kaum Effekt. Noch ein Versuch, sah gut aus, aber nein, das Tier gab nicht auf. Aviso , noch ein Aviso, der Descabello musste her. Und hier sah man, das der Junge damit nicht viel Erfahrung hatte. Zu seinem Glück zeigten nun die zwei Estocadas, welche bis zum Anschlag saßen, Effekt, der Stier fiel, ohne Puntilla. Zwei Orejas.
Die Aktion mit dem Anketten hat Juan Gines vielleicht Sympatieen im Dorf und unter Aficionados eingebracht, aber mit Sicherheit nicht unter den Profis. Alle haben das ihre getan, um zu torerieren. Macht es jetzt Schule, wenn man sich ankettet und so seinen Auftritt bekommt...? Ich bin mal gespannt wie es mit Gines weiter geht...
Zum Abschluss trafen wir Don Gregorio wieder in der Pena taurino, wo es wieder an Speiß und Trank nicht mangelte. Als Präsident der Corrida musste er Kritik einstecken. Ich zeigte ihm, per Twitter, wie andere, anwesende Aficionados seine Entscheidungen werteten. Das fand er sehr interessant. Er, wie ich auch, werteten die Veronicas von Daniel Luque sehr hoch und er gestand das die zahlreichen Orejas und Rabos etwas übertrieben seien. Aber, und dies sei wichtig, ist eine Fiesta del Pueblo, wo die Leute das Recht haben, das was sie sehen und erleben zu belohnen. Gerena ist nicht Madrid und wenn das Publikum hier das zweite, dritte und vierte Oreja fordert..., es ist ihre Fiesta. Über die Stiere waren wir uns auch einig. Gut präsentiert, die ersten etwas schwächlicher als ihr Aspekt vermuten ließ, nicht schlecht für eine Fiesta in Gerena. Ich habe es genossen den Geschichen, den Anekdoten, dem Wissen, den Ansichten zu lauschen und tatsächlich sehe ich mich akzeptiert, man kennt mich nun und weiß, das ich keine Eintagsfliege bin und das ich nicht hier bin, um mich mit irgendwelchen ‘Berühmtheiten’ ins Licht zu rücken.