Die Mehrheit hier in Spanien darf, mal wieder, nicht aus dem Dorf, also nicht zu den Ganaderias, um Tentaderos zu sehen. Von Festivals, Novilladas oder gar Corridas, träumt man mittlerweile noch nicht einmal.
In der Plaza von Sanlucar, wenn sie denn offen ist, trainieren die ortsansässigen Novilleros, wenn die Obrikeit es erlaubt, kommen die Matadore von Ausserhalb. Emilio de Justo, Pablo Aguado, Tomas Dufau, Adrian de Torres. Sogar Maestro Padilla hat ein mal kurz vorbei geschaut. Soweit ganz interessant, aber ich hätte doch gern etwas mehr Campo gesehen...
Der erste Schritt, von Sanlucar, vorbei an den Salzbergen von Bonanza, Richtung Monte Algaida. Dort beginnt der rechtsseitige Part des Naturschutzparkes Coto Donana an. Und die sogenannte ‘Marisma’. Dies ist eine Zone, welche durch die Natur des Flussverlaufes des Guadalquivir beständig überschwämmt wird. In der Aktualität, sowie in der Vergangenheit, werden die Flächen der ‘Marisma’ weniger zum Anbau von Getreide genutzt, als zur Haltung verschiedener Nutztiere, welche in der Lage sind, sich ihr Futter selbst zu suchen und sich perfeckt an ihre Umgebung angepasst haben. Der Boden ist oft matschig, karg, oder im Sommer, rappeltrocken.
In der Vergangenheit gehörte dieses ‘Fleckchen’ Erde der Familie Villamarta (Ganaderia formado con ganado Murrube/Urcola/Parlade), bevor sie in den Besitz der Familie Nunez überging. Man züchtete Stiere.
Im Verlauf der Zeit erwies sich gewiss, das dieser Grund und Boden nur unter gewissen Umständen und enormen Kosten für die Ganaderia erträglich war. Das Flusswasser, durch die Nähe zum Atlantik, übrschwemmt, unterschwemmt, regelmäßig große Teile des Gebietes. Kampfstiere muss man auf anderen Weiden halten. So stellte man einen großen Part der Ganaderia, dessen Ländereien von Sanlucar bis Trebujena, in der Provinz Sevilla reichen, für die ecologische Fleischrinderzucht zur Verfügung. Und stellt so auch einen wichtigen Part des ecologischen Systhems der Donana bereit.
Und so weiden heute auf den weiten Flächen überwiegend Rinder (Ganado manso), Schafe, Ziegen, Pferde und Esel. Alle frei und fröhlich, passen sie hervorragend ins Bild und in die Ecologie des Naturschutzparkes. Aber der Züchter hat immer noch einen kleinen Anteil an Ganado bravo, Abstammung über El Toreo und Torrealta..
Matadores wie Limeno, Marismeno, Jose Luis Parada, und Paco Ojeda sind Aushängeschilder, für dieses Städtchen im Süden Andalusiens. Und wo haben diese autentischen Figuras del Toreo ihr Handwerk erlernt? Hier, in der Marisma, auf den Weiden wie ihre ‘Kollegen’ Juan Belmonte oder ElCordobes. Hier sind nicht wenige auf die Weiden geschlichen und haben ihr Glück an einer Vaca versucht.
In diesen Zeiten saßen diese Matadores in ihren Lehrjahren nicht in einem Auto und reisten von Tentadero zu Tentadero, so wie man es heute bei fast allen Novilleros sieht. Nein, damals ging es auf ‘Schusters Rappen’, zu Fuss, auf die Weiden der Marisma, um in diesen Weiten irgendwo eine Kuh, eine Becerra oder gar einen Jungstier zu stellen und einige Pases und gewiss auch Volteretas zu kassieren. Ich denke, das auch die nächsten Generationen der Toreros sanluquenos ihre ersten Schritte in dieser Ganaderia getan hat und weiter tun wird.
Da ich seit Monaten das ‘Dorf’ nicht verlassen darf, suchte ich nach einer Möglichkeit, um mich von der sanluquenischen Seite in das Terrain zu begeben, was man die ‘Marisma’ nennt, um mich auf die Suche nach den Toros der Ganaderia ‘Alventus’ zu machen.
In diesem Fall wandte ich mich an meinen Freund Julio Vega Rodriguez, besser bekannt als ‘Marismeno’, denn dort ist der Matador aufgewachen und kennt sich natürlich bestens aus. Er lieferte mir die erste Wegbeschreibung. Und mit etwas Glück, wird er für mich den Eintritt in die Finca erwirken, als Veedor, Stiereinkäufer, kennt er den Ganadero.
Über eine furchtbare Rumpelpiste ging es durch den herrlichen Pinienwald von Monte Algaida. Durchgeschüttelt hatten wir uns ein Päuschen im Grünen verdient. Herrlich. Vögel piepen, Störche klappern, in den Schirmpinen haben einige wohl Nester. Wir warfen einen Blick hinter die ‘Baumgrenze’ - und hier war sie, die ‘Marisma’.
In der Ferne sah ich auf der einen Seite eines Kanals ‘Toros’ in der Ferne, auf unserer Seite einige fuchsrote Fleischrinder. Die Kanäle dienen zur Regulation des Wasserhaushaltes und bieten Lebensraum für viele Vögel, Amphibien und Insekten, neben den Säugetieren.
Ich hatte das Glück, als ich mich einem der Kanäle näherte, einen Reiher und einen Löffler zu fotografieren. Auf dem Weg sah ich mehrere Falken und größere Greifvögel, die auf Beute aus waren. Wunderbar, hier ‘tobt’ das Leben. Dieser kurze Ausflug diente der Orientierung, die Fotos waren recht zufriedenstellend. Ein weiteres Problem wird es sein, meinen armen Freund Cano zu animieren, nochmal über diese Buckelpisten zu fahren, sein armes Auto! Aber ich möchte diese Geschichte fortsetzen, denn viel mehr kann ich in diesen Zeiten nicht erreichen. Drückt mir die Daumen.