Als erster begrüßte mich David Alvarez, Banderillero und Mario Coelho, der Matador aus Portugal, ansässig in Sanlucar. Ich hatte noch keine drei Minuten im Ruedo gestanden, schon hatte ich eine Capote in meiner Hand. Auf den ersten Blick hatte ich gesehen, das die Capote meines portugisischen Freundes eine neue war. Neugierig fragte ich natürlich danach und schon bekam ich sie in die Hand gedrückt, um sie auszuprobieren. Ohne groß nachzudenken, beinahe wie ein Reflex, hatte ich eine recht gelungene Veronica in den Staub gepinselt. Diese Capote war um Längen besser in meinen Händen, als die, welche ich zu Hause in Gebrauch hatte. Welch ein Unterschied! Bisher habe ich nur ein mal eine bessere Capote in der Hand gehabt: Die von Morante de la Puebla, ein Orginal. Konzentriert man sich, wie ich in die Feinheiten dieses Metiers, bemerkt man die Wichtigkeit der profesionellen ‘Werkzeuge’, wie Capote, Muleta, Ayuda, Palillo, Banderillas und Estoque.
Mit einem zufriedenen Lächeln setzte ich meine ‘Vuelta al ruedo’ fort, um Manule Soto, den Leiter der Escuela ‘El Volapie’ von Sanlucar und einen seiner Schüler, German Vidal, El Melli, zu begrüßen. Da Manuel auch ‘mein Lehrer’ ist, feute ich mich besonders, Fortschritte bei El Melli zu sehen. Wohl nicht umsonst hat dieser die Ausscheidung des Wettbewerbs der Escuelas taurinas von Andalucia gewonnen.
Seit langem habe ich mich nicht so wohl gefühlt... Sanlucar die Wiege meiner Träume
Nächstes Jahr feiert die Plaza ihr 120. jähriges Bestehen, ein Kultrerbe.
Kein historisches Denkmal oder Gebäude sollte verunstaltet werden.
Aber das ist wohl das ‘Freiheitsverständnis’ einer Generation von Ignoranten.
Aber nach und nach kamen andere Toreros vom morgendlichen Strandlauf in die Plaza getrabt. Ich beneide jeden einzelnen un seine Fitness.
Mambru und Diego Jimenez konnte ich begrüßen, welche zu meiner Freude und Überraschung von Saul Jimenz Fortes begleitet wurden. Auch den Maestro begrüßte ich, meine Schüchternheit überwindend. Ich konnte mich nicht bremsen, ihm Suerte für eine baldige Rückkehr ins Ruedo zu wünschen. Fortes kann man sehen, wie man möchte, für mich ist er einer meiner Helden.
Der Toro hat ihm mit seiem Horn den Hals durchbohrt, fast das Leben hat ihn seine Passion gekostet und er hat nichts anderes im Kopf, als sich wieder dieser Gefahr zu stellen. Ich wollte nach all dem, nicht mal eine Becerra in meiner Nähe haben. ‘Fortes’ ist eine Persönlichkeit, die sich nicht so leicht beschreiben lässt. Man genießt seine volle Aufmerksamkeit, aber er ist nicht der Redner oder Showmaker, wie manche Toreros. Ein Denker, scheint es mir. Gewiss sensible. Eine interessante Person, ich mag ihn. In Toreo de salon , sah ich ihn etwas verhalten, aber ich schätze, das er zum ersten Mal im Coso del Pino trainiert, in Begleitung des ehemaligen Apoderados von Pablo Aguado und Emilio de Justo, Luisito. Der ehemalige, französische Matador ist auch in Sanlucar ansässigt, idealere Trainingsmöglichkeiten gibt es kaum.
An diesen Tagen trainieren einige Toreros im Sportzentrum, welches überdacht ist. Hier muss man allerdings Eintritt bezahlen, so das diese Möglichkeit nur selten genutzt wird. Andere nutzen die ‘saure Gurken Zeit’, um im Fitnesszentrum zu schwitzen.
Manuel Soto, einer seiner Schüler, Victor und ich nutzten die Zeit, um uns bei mir ein altes Video einer Corrida mit Rafael de la Paula anzusehen. Interessant, wie jerde von uns dreien, sich auf etwas anderes konzentrierte. Manuel, ‘Paulista’, konzentrierte sich auf jede Bewegung ‘seines’ Maestros. Der junge Novillero verfolgte aufmerksam die Lidia und ich kommentierte das schlechte Verhalten der zwei, regelrecht unbrauchbaren Stiere, mit denen Maestro de Paula so gar nichts anfangen konnte. Mansos bis zur Schwanzspitze. Der Torero aus Jerez hat obendrein eine etwas merkwürdige Art die Estocada auszuführen. Beim ersten Stier war sie ein Desaster, beim Zweiten aüßerst effektiv. Mal eine ganz andere Lehrstunde.
Glücklich und zufrieden machte ich mich am Mittag auf, um mich auf dem ‘Dorfplatz’ Calbildo, mit meiner Aficionadofreundin Petra zu treffen und ein bisschen die heimischen Tapas und den Manzanilla zu genießen. Vier Stunden vergingen wie im Fluge, alles drehte sich um Reisen, Toros und Taurinoanekdoten. Wie anders ist mein Leben hier, in meiner Wahlheimat Sanlucar de Barrameda.