Durch meine Arbeit habe ich zur Zeit viel Kontakt mit Spaniern, die aus den verschiedenen Regionen des Landes kommen. Man nimmt sich gern Zeit für einen Schwatz, denn man ist ‘Jubilado’ , in Rente. Und gelegentlich kommt das Gespräch auf die Kultur des Landes, den Stierkampf. ich nähere mich stets vorsichtig diesem Thema, es ist nämlich nicht immer angebracht, darüber zu sprechen. Auch in Spanien nicht. Aber es ist schon verblüffend, wie unterschiedlich die Reaktion der Menschen aus den verschiedenen Ecken dieses Landes sind. Am leichtesten fällt mir die Konversation mit den Rentnern aus Andalusien. Ob Mann oder Frau, jeder hat in seinem Leben etwas mit Stierkampf zu tun gehabt. Man bekommt zu hören, das man mit dem Sohn des Bäckers befreundet war, der an Capeas teilnahm. Das sich ein bekannter Novillero beim Bruder die Haare schneiden lässt, oder das man selbst Aficionado ist. Tolle Gespräche haben sich so schon ergeben. Andalusien geht mit dem Thema um, wie ich es am schönsten finde, mit aller Natürlichkeit. Besucher aus Catalunya, viele schweigen zu dem Thema, in einer Weise, die mich betroffen macht. Als Catalan kann man nicht für den Stierkampf sein. Aber viele schleichen sich davon, nach Valencia, oder Frankreich... Sehr interessant war das Gespräch mit Efren aus Pamplona. Er, nun in Rente, ist als junger Mann drei Mal mit den Stieren gelaufen. Seine Eltern, so erinnert er sich, waren dagegen, obwohl schon sein Vater mit den Stieren gelaufen war. Efren zeigt mir eine Narbe am Schenkel, alt und schlecht genäht. Diese habe er sich bei einer dörflichen Capea zugezogen. Er wollte nicht, wie einige seiner Jugendfreunde, Torero werden, bewunderte aber die Recortadores. Mit der Feria zu San Fermin ist er aufgewachsen, kein Mensch in Pamploma kann sich dem entziehen, es sei denn, man verreist, verrät er schmunzelnd. in Anbetracht der kritischen Lage des Sektors taurino, äußert er sich sehr kritisch. Pamplona ohne die Stiere - undenkbar. Grade wirtschaftlich, in diesen schweren Zeiten, wäre ein wichtiger Wirtschaftszweig in Gefahr. Man bedenke, das manche Geschäfte zu San Fermin, 70% ihres Jahrsumsatzes machen. ohne die Stiere, dieser Tradition, wäre Pamplona nur ein blasser Durchschnitt in der Landkarte Spaniens. und fügt hinzu, Dank Hemingway, ist Pamplona bekannt in der ganzen Welt, diesem Autor verdankt nicht nur Pamplona, sondern auch Städte wie Ronda, oder Sevilla, ihren Platz in der Landkarte der meistbesuchten Städte Spaniens. „Würde man die Toros verbieten, wäre das eine tödliche Estocada für diesen Ort, denn die Fiesta zu San Fermin ernährt viele Familien“ Er sei einmal verreist, während der Feria, so erzählt er. Nie wieder! Er und seine Frau hätten gelitten, in der Ferne. „Wenn man weiss, das alle Freunde zu dieser Zeit die Fiesta vorbereiten und Du sitzt in einem Hotel...“ , das war nicht das Ihre. Auf meine Frage, wie es sich anfühlt, den Toro im Nacken zu haben, beschrieb Efren diese Momente als hypnotisierend. „Anfangs hörst Du die Rufe der Zuschauer, dann bebt die Erde hinter Dir, ein Blick über die Schulter und Du musst entscheiden und reagieren in einem Moment.“ Trägt der Toro den Kopf hoch, kann man Kreuzen, also von der einen Seite zur anderen wechseln, vor den Hörnern, so hat er mir verraten. Bewegt der Stier den Kopf, seitlich oder gar nach unten, greift er an, egal was und wen, bestätigt er seine Erfahrungen im Stierlauf. Aber San Fermin ist nicht nur wegen der Encierros und den Corridas und deren wirtschaftlichen Aspekten wichtig für den Mann aus Pamplona. „Die Fiesta mobilisiert uns alle, jeder nimmt teil, manchmal triffst Du Menschen, die Du seit Jahren nicht gesehen hast. Und die kleinen Läden in der Innenstadt, da hilft jedes Familienmitglied mit, das hält sie zusammen.“ Die Corridas besucht er nicht regelmäßig, einige Jahre hatte er einen Abono, eine Dauerkarte, nun kauft er sich die Entradas, je nach Corrida. Ein fester Bestandteil seiner Selektion ist die Novillada zu Beginn der Feria. Er will sehen, was die neuen Talente zu bieten haben, er ist sehr kritisch. Die Miuras sieht er seit seinem zwölften Lebensjahr, sein Opa war der Pate dieses Debütes. Dann leistet er sich noch die Eintrittskarte zu einer Corrida mit ‘Figuras’ oder mit einer Ganaderia die viel versprechende Toros nach Pamplona schickt, je nach dem. Die morgendlichen Stierläufe schaut er sich immer an, er hat das Glück, eine Wohnung in der Calle telefonica zu bewohnen, die über einen guten Blick über das Geschehen verfügt. Später sieht er sich das Encierro im TV mit Freunden an. Er fiebert jedes Jahr der Fiesta brava entgegen, spätestens wenn der Sommer vorbei ist, beginnen die Menschen in Pamplona, über das nächste 'San Fermin zu sprechen.Wer kommt, wer kommt nicht... Welche Ganaderia das beste Encierro verspricht, welche am gefährlichsten ist... Viva San Fermin! Viva!
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COLINColin C. Ernst, geb. in Deutschland, lebt in Spanien. Aficionada practica. Ehemalige freie Mitarbeiterin der Ganaderia Victorino |