eines Toreros und dem ganzen Drumherum. Ohne diese Menschen, würde ich wahrscheinlich gar nichts über Toros und Toreros schreiben. Wir trafen auf die Beiden, beim morgendlichen Training in Sanlucar de Barrameda, wo sie Zwischenstation machten um sich in verschiedenen Ganderias auf die Saison vorzubereiten. Ein sympathischer Junge war er damals, offen und mit Humor. Wie alle anderen joggte er an den Ufern des Guadalquivier bis zur Plaza del Pino, um dort mit seinem Banderillero „El Sirio“, mit dem Toreo de Salon weiter zu machen. Ständig war er mit den Augen woanders, während eines Muletazos al natural, beobachtete er einen Kollegen, der die Estocada übte. Schob er den behörnten Karren für einen anderen, schielte er auf die Muletazos der verschiedenen Gruppen. Er schien alles in sich aufzusaugen. Dabei verlor er nie den Spaß an der Sache, misslang etwas, lachte er darüber und machte die Übung erneut, bis sie saß. Besonders mit der Linken sah er schon damals sehr gut aus, die Naturals führte er mit einer beinahe unnachahmlichen Eleganz aus. Michel versicherte uns, das der Junge Zukunft habe. Seit dem verfolgen wir seine Karriere, zittern mit, leiden mit. Novilladas ohne Picador wurden überstanden, dann die ersten Triumphe in Valencia und anderen Plazas und die ersten Cornadas oder Verletzungen, die ihm statt Puerta grande die Puerta der Enfermeria bescherten. Die Wiederherstellung nach diesen Corridas, Tentaderos, alles
durften wir miterleben. Und jetzt steht „unser“ Novillero in Las Ventas. Und
triumphiert beinahe! Kratzt an der Puerta grande in der Monumental, bei seinem Debüt und Abschied, denn in Nimes steht bald die Alternativa an. Die Fuente Ymbros an diesem Montag, waren zwar mit ausladenden Hörnern bestückt, erwiesen sich aber als launisch, so mancher kniff vor der Muleta, und tückisch in ihrem Wesen. Also keine Leichte Aufgabe für Mario Diequez, Roman und Jose Garrido. Von letzterem hatte ich mir viel versprochen, aber es war nicht sein Tag und die Toros trugen nicht zum Erfolg bei, ungewohnt, der schlechte Abschluss. Doppeltes Silencio – schade. Dieguez kam etwas besser mit dem ersten Fuente Ymro zurecht und erntete Ovation. Sein zweiter wollte sich nicht stellen und suchte sein Heil in der Flucht – und sprang in den Callejon. Dort hinterließ er zwei Verletzte. Das dieser Ausflug Kraft kostete dürfte auf der Hand liegen und Dieguez konnte nicht all zu viel ausrichten. Ovation und silenco. Roman hinterließ erste Spuren im Sand von Las Ventas, mit seinem ersten Toro. Er war sich bewusst, das er, wie alle Aspiranten nur eine Chance hat, das madridter Publikum zu überzeugen. Er durchschaute den nach innen drängenden Stier und konnte ihm einige wunderbare Muletazos entlocken. Seine Naturals gefielen auch den Aficionados, die ihm beinahe ein Oreja eingebracht hätte. Es blieb bei einer Vuelta al ruedo, der Ehrenrunde, was ja schon einiges aussagt. Dies dürfte ihm den benötigten Auftrieb gegeben haben, dem zweiten Exemplar eine Trophäe abzutrotzen. Auch diesen Stier hatte er im Griff, noch besser als den Ersten. Hätte die Estocada en encuentro sofort getötet, wären sogar zwei Orejas drin gewesen, unglaublich. (Estocada al encuentro ,ist wenn Toro und Torero auf einander zu laufen, sieht man selten – Estocada volapie, sehr komun, der Torero rennt auf den Stier zu – Estocada recibiendo, der Toro rennt auf den Torero zu, Spezialität von Manzanares). Die Tendidos forderten das erste, und sogar ein Wenig, das zweite Oreja. Mit einem Oreja und einem breiten Grinsen komentiert Roman sein Debüt. Glücklich sei er, erklärte er in Canal+, und lobte die launischen Fuente Ymbros, mit denen er gut zurecht gekommen sei. Heute werden ihm wahrscheinlich wieder einmal ein paar Knochen weh tun, denn wie so oft hat der Stier ihn gestern erwischt und durch die Luft gewirbelt. Das Wort „Schrecken“ bekommt eine ganz andere Dimension, wenn man diese Menschen persönlich kennt. Hat man vor kurzen noch mit einander gesprochen, freute sich auf die Novillada, ist der Schreck , der einen im Moment einer Cogida durchfährt wie ein Blitzschlag, unbeschreiblich. Das Herz scheint einem in diesem Moment im Halse stecken zu bleiben, der Puls schnellt in die Höhe. Am liebsten würde man selbst in die Arena springen, um den Jungen da raus zu holen. Fingernägel bohren sich in die schweißnassen Handflächen, später schmerzt der Kiefer vor lauter
Zusammenbeißen der Zähne. Sekunden, die sich hinziehen wie zäher Sirup, bis man sieht, das dem Freund nichts Schlimmeres passiert ist und er weiter machen kann. Wenn man mit Toreros befreundet ist, ist man noch intensiver bei der Sache. Die Stiere werden mit größter Aufmerksamkeit analysiert, jeder Schritt, jede Bewegung wird, wie durch eine große Lupe betrachtet. Jeder erfolgreiche Schlenker mit den Tüchern lässt einen erleichtert aufatmen. Man genießt nicht, man bebt, man kämpft mit, angespannt bis in die Haarspitzen. Der heftigste Moment kommt, wenn unser Freund den Tötungsdegen geholt hat. Man atmet nicht mehr, die Frequenz unseres Herzschlages steigt an, schneller und schneller. Wir werden gedanklich Eins, mit unserem Freund, da unten in der Arena. Unsere Hände spüren den rauen Griff des Degens und die Schwere der Muleta förmlich. Ein letztes Durchatmen beim anvisieren, dann werfen wir uns dem Stier entgegen. Die Erleichterung, die Emotionen, die einen durchfließen, wenn die Estocada einen guten Abschluss brachte, sind euphorische Sekunden. Die Freude, die einen überkommt, ist pur und rein. Roman ist gestern, mit der Montera in der Hand in Las Ventas einmaschiert und hat sie mit einer Trophäe verlassen. Und das vor laufenden Kameras und einer zu drei Vierteln gefüllten Monumental. Ich bin stolz auf ihn, besonders, nachdem er in Valencia nicht gut abschnitt und viel Kritik einstecken musste, dürfte ihm dieses Oreja auf dem Weg nach Nimes, zu seiner Alternativa, bestärken. (Fotos Mundotoro.com Jose Garrido a Puerta gayola und Roman beim Natural)