Curro Rivero, war so freundlich, mich aus erster Hand über die Entwicklung zu informieren . Ganz unbefangen, erklärte er mir ‘Greenhorn’ ,die ganze Sache sehr anschaulich . Geduldig antwortete er auf meine neugierigen Fragen, man kam vom Hölzchen aufs Stöckchen. Auch in diesem Interview spielten die Toros die Hauptrolle.
? Meine erste Frage galt natürlich den, bisher auf diese Weise geprüften Tieren. Kann man den Effekt dieser, sich in sich selbst zurückziehenden Lanzenspitze, sehen ?
! Curro Rivero überraschte mich zunächst mit einer Zahl : 51 - So viele Vacas und Toros hat man seit ‘Geburt’ der Idee mit dieser Puya retractil bei Tentaderos in verschiedenen Ganaderias geprüft. Der Effekt durch die neue Puya sei sichtbar, berichtete er. Die Tiere behielten viel mehr von ihrer Beweglichkeit, verloren nach dem ersten Angriff auf das Pferd nicht gleich die Lust, es noch einmal zu attackieren. Auch in der Muleta kamen die Tiere frischer an, was sich positiv auf ihre Embestida , die Form den Tüchern zu folgen, auswirkte. Dies hat natürlich auch eine positive Auswirkung auf das Toreo. Der Torero kann mehr zeigen und es ist sogar weniger gefährlich. Ein Stier, am Ende seiner Kraft geht in die Defensive, verteidigt sich nur noch, und dieses Verhalten ist schwerer einzuschätzen, als das eines angreifenden Toros. Dies macht den schwachen Stier gefährlicher, als man denken mag.
? Wie funktioniert der Mechanismus der neuen Puya genau?
! Die Pyramide, die Metallspitze zieht sich nach dem Eindringen das Objekt zurück, bis hierher und nicht weiter, tritt die Spitze ein, dann befindet sie sich im inneren der Lanze und richtet keinen weiteren Schaden an. Die heutige Puya bleibt ja an Ort und Stelle, bewegt sich quasi durch die Haut und das Fleisch und kann so Muskeln, Nerven und Sehnen schädigen. Die ‘Neue’ hört nach dem ‘Stich’ gewissermaßen auf zu arbeiten. So richtet sie weniger Schaden an.
! Natürlich, versichert mir der Fachmann. Diese Prüfung besteht ja nicht darin, dem Tier den größt möglichen Schaden zuzufügen, sondern um zu sehen, ob die Angriffslust, die Bravura, die Anstrengung und den Schmerz überwindet.
? Wie beurteilen die Tierärzte die neue Puya?
! Curro Rivero kann auch hier positives berichten. Unter anderem äußerte sich der Veterinär der Ganaderia Miura zu Gunsten seiner Erfindung. Bei den Toros, welche nach der Prüfung mit der Puya retractil indultiert wurden, sind die hinterlassenen Wunden gut zu versorgen, denn sie sind nicht so tief und haben den Bewegungsapparat nicht so in Mitleidenschaft gezogen. Die Wunden heilen schneller und ohne Probleme.
? Und was sagen die Züchter, die Ganaderos, zu den Ergebnissen?
! Man habe die neue Puya in verschiedenen Ganaderias ausprobiert. Neben den Miuras, Algarra, wurden auch Toros von Alvaro Domecq mit ihr geprüft. Und man zeigte sich mit dem Resultat sehr zufrieden.
? Ich bohre weiter nach, denn es heißt, das die Tiere viel Blut verlieren...
! Nun, das sehe vielleicht so aus, sei aber nicht Fakt . Der Stich verletze, genau wie die gebräuchliche Puya, die Blutbahnen der betroffenen Zone. Der Unterschied liege darin, das hier weniger Nerven und Sehnen verletzt würden, denn die Pyramide ziehe sich in dem Moment zurück, wenn sie bis zur Cruzeta eingedrungen sei. Die zur Zeit verwendete Puya richtet im Inneren 3-4 mal mehr Schaden an. Dazu muss man wissen, das ein Rind ca. 35 Liter Blut hat, der Verlust von 2-3 Litern sieht für uns gewaltig aus, ist aber für das Tier vergleichsweise gering.
! Toreros, wie Manuel Escribano oder der Novillero Pablo Aguado gefiel, das der Stier oder die Vaca viel beweglicher in der Muleta waren, so konnten sie dieses länger und effektiver beanspruchen. Anscheinend erholen sich die Tiere, nach dem Kraftakt im ersten Tercio schneller, die Verschnaufpause beim Wechsel zum nächsten Tercio, wirkt sich positiv auf den Stier aus. Man sieht es auch von dieser Seite, als Torero, recht positiv.
? Natürlich finden nicht alle Beteiligten die neue Idee gut, es gibt auch Gegenstimmen. Wie ist dies zu erklären?
! Wie stets in der Geschichte der Tauromaquia gibt es Gegner bei Erneuerungen. Da sind Aficionados, sowie Professionelle des Sektor taurino, welche die neue Puya in Frage stellen. Manche sind dagegen, weil sie am alten System festhalten wollen, ohne zu berücksichtigen, welche Entwicklung grade das Suerte de picar in den Jahrhunderten durchgemacht hat. Durch die Verwendung des Peto und die heute viel schwereren Pferde des Picadors, hat man Reiter und Pferd einen Vorteil verschafft, aber nicht dem Stier. An dieser Stelle bekomme ich Unterricht in der Geschichte des Suerte de varas von Curro Rivero. Er versteht, das manche sich gegen Erneuerungen stellen, zumal viele noch keinen Verlauf eines Tentaderos mit der neuen Puya gesehen, oder selbst durchgeführt haben. Und die Generalprobe, in einer Corrida de Toros steht ja noch aus.
! Wie ich, macht sich Curro Rivero auch Gedanken um die Zusammenhänge und so kommen wir zum Pferd des Picadors.
Die Pferde, schwere Kaltblüter, stellen schon einen Kraftakt für den Stier da. Aber weniger schwer dürfen sie auch nicht sein. Denn so sind Reiter und Pferd in Gefahr. Auch er sieht daher die Entwicklung in Frankreich mit viel Wohlwollen. Dort sind die Pferde etwas leichter, aber für ihre Arbeit geschult, die machen mit. „Was meinst Du, warum es so viele Aficionados nach Frankreich zieht?“ fragt Rivero mich. Und beantwortet die Frage gleich selbst:“Weil es dort ein Tercio de varas gibt. Mit Toros und Picador.“ Da pflichte ich ihm bei und es beginnt ein langer Dialog über die Stierzucht, deren Ursprung und Entwicklung.
Er hat das Thema wirklich von allen Seiten beleuchtet, bevor er es gewagt hat, etwas Neues in eine, ‘alte, von Tradition geprägte Welt, einzubringen. Die ersten Prüfungen haben gute Ergebnisse gezeigt. Der nächste Schritt wäre, die Puya retractil in der Plaza auszuprobieren. Verlaufen diese Corridas, Novilladas zur Zufriedenheit, wäre viel gewonnen. Für den Toro, der weniger geschwächt, eine reellere Chance hat, seine Bravura unter Beweis zu stellen. Für den Torero, der mit einem beweglicheren Stier seine Kunst besser präsentieren kann, als mit einem Toro parado. Und für die Aficionados, welche ein Schauspiel besonderer Ausdruckskraft sehen können.
Ich denke, dies wäre ein Schritt in die richtige Richtung und das lange Gespräch mit Curro Rivera hat mich doch sehr überzeugt. Natürlich wird es ein langer Prozess werden, denn die ersten Exemplare, deren Väter mit der neuen Puya geprüft und indultiert wurden, werden erst in 4 Jahren im Ruedo stehen. Die Zeit des Gespräches mit Curro Rivero verging wie im Flug und ich hoffe, das ich im Frühjahr einmal einen Tentadero mit der neuen Puya sehen kann, um mich mit eigenen Augen von Ihr überzeugen zu lassen. Denn um den wirklichen Effekt zu sehen, muss man sich eine komplette Lidia ansehen. Die Videos sind nur bedingt aussagefähig. Ich bedanke mich von ganzem Herzen bei Curro Rivero, für seine Zeit, uns diese neue Erfindung zu erklären, mit all ihren Facetten. Muchas gracias!
!!! Auf die Fotos klicken, um Videos von Tentaderos zu sehen, wo die neue Puya ausprobiert wird. Auf dem vierten Foto kommt man auf die Website von Curro Rivero.