Heute wurde ein von mir lang gehegter Traum war. Ich durfte lernen die ‘Trastos’ richtig in die Hand zu nehmen. Ich praktiziere zu Hause etwas ähnliches wie das Toreo de Salon, und ähnlich sage ich, weil mir noch nie jemand gezeigt hat, wie man Muleta und die Capa wirklich hält und bewegt. Heute Nachmittag ging es zum Unterricht zu den Aficionados in Praktika von Sanlucar. In der Plaza, Donnerstags um 17h treffen sich Menschen jeden Alters um das Toreo zu erlernen und zu praktizieren. Ich ging mit gemischten Gefühlen zu diesem Treffen, zu dem mich Eloy quasi überredet hatte. Was würde mich erwarten...? Zunächst waren nur zwei Männer im Ruedo, ich schielte über die Bande um zu sehen, ob sie Capas, Muletas und Hörner dabei hatten. Fein, sie hatten die ‘Trastos’ so nennt man die Handwerkszeuge der Toreos, oder wie im diesem Fall, der praktizierenden Aficionados ihre Capas und Muletas, dabei. Ich sprach sie an, stellte mich vor und fragte nach den ‘Practicos’. Es waren die ersten Mitglieder dieser Schule für Aficionados, die ich kennenlernen durfte. In kurzer Zeit war die Plaza bevölkert, einige Novilleros, wie Pablo Aguado nutzten den sonnigen Nachmittag zum zweiten Training. Auch zwei Toreos nutzten die Gelegenheit. Dann erschien der ‘Lehrer’ Manuel Soto, ein Banderillero, der schon vielen Toreros im zweiten Tercio beigestanden hat. Ein Mann mit großer Erfahrung. Ich kannte ihn von Sehen von vdenergangenen Besuchen und hatte ihm den Spitznamen ‘Lehrer’ gegeben. Er war ständig bemüht seinen Kollegen zu helfen und Fehler zu korrigieren. Das hatte mir schon damals gefallen. Und nun sollte ich ihn in Aktion erleben. Ich war gespannt. Zu meiner Verblüffung wurde nicht gleich mit der Handhabung der Capa begonnen, sondern mit einem Marsch durch die Plaza, wie ich es schon hundertmal bei den ‘richtigen’ Toreros gesehen hatte. Und ich wurde aufgefordert mit zu gehen... Runde um Runde, mit Handwechsel wie in der Reitschule. Mir zeigte dies, das hier jemand am Werk ist, der seine Sache ernst nimmt. Denn das Aufwärmen ist für einen Torero sehr wichtig. Danach gings zum Lauftraining. Auch hier fehlte kein Detail des wirklichen Torerolebens. Vorwärts und rückwärts, in Sprints... Ich musste auf einmal dringend Fotos machen. (Japs, hechel) Dann wurden endlich die Capas in die Hand genommen, aber nicht um sie zu schwingen, sondern um sie, Hanteln ähnlich, auf und ab zu bewegen. Wer einmal eine Capa (5Kg) in der Hand hatte, lernt diese Übung zu schätzen. Auch dies ein wichtiges Detail. Zwischendurch kommt Eloy kurz zu mir, um sich zu überzeugen das ich in guten Händen bin. Dann ging es aber wirklich mit der Capa zur Sache. Man teilte sich in zwei Gruppen, die einen hatten die Hörner in der Hand die anderen das schwere Stofftuch. Der Lehrer ist ein ganz genauer, bei keinem Schüler kann er ohne Korrektur vorbei gehen. Ich bin begeistert von diesem Unterricht. Unter den Anwesenden sind auch einige Herren zwischen 60 oder 70 Jahren und sie schlagen sich sehr gut, was ihre Fitness angeht. Und vom Toreo verstehen sie was. Mir steht ein älterer Herr zur Seite, mit dem ich schon im Vorjahr ein paar Gespräche hatte. Er wird am Sonntag der Präsident in der Novillada sein, auf dem Palco sitzen und die Orejas gewähren, oder auch nicht. Er fordert mich auf ihm zu folgen. Wir kommen zum Hintereingang der Pena Taurina. Er zeigt auf ein Foto, alt, mit einem schicken jungen Torero. Das sei er in jungen Jahren. Ich bin beeindruckt, nun kenne ich einen der Toreros der alten Schule und einen echten Präsidenten. Er nimmt mich unter seine Fittiche. Er greift sich eine der Capas die über der Bande hängen und beginnt mit ihr ‘zu spielen’. Zeigt verschiedene Quites. Ich stehe mit offenem Mund da. Als er mir das Tuch in die Hand drückt, klappt dieser wieder zu. Ich, in einer Plaza de Toros, mit einer Capa in der Hand. Ich bitte ihn, mir zu zeigen, wie ich sie richtig anfasse. Geduldig zeigt er es mir, bis ich den Bogen heraus habe. Ich lerne sogleich Regel No.1, welche man nur in einer Plaza lernen kann: Die Capa schwingt man immer von der Bande weg, wenn man dort steht. Einleuchtend, darüber habe ich nie nachgedacht. Ich begreife wie wichtig die Bewegung der Handgelenke und der Hüften ist, denn auch hier korrigiert er mich, mein Oberkörper ist zu sehr in Bewegung. So viele kleine Einzelheiten für einen einzigen Capotazo. Garnicht so einfach. Die Truppe übt auch das Zugehen auf den Toro auf Distanz und andere Dinge, aber der ‘Präsidente’ hat andere Pläne mit mir. Er holt Muleta und Degen. Auch hier führt er mir ein Paar schöne Muletazos vor. Alles sieht soooo leicht aus. Gottlob bin ich mit der Muleta etwas geübter als mit der Capa und habe keine Schwierigkeiten Degen, Holzstab und Stoff zusammen zu fügen. Ein überraschtes ‘Ahi’ zeigt mir das ich es richtig gemacht habe. Langsam führe ich die Bewegung aus, mit der ein Torero den Stier zitiert. Sofort werde ich angewiesen den äußersten Zipfel des Tuches mit dem Handgelenk zu bewegen. Es gelingt und ich ziehe die Muleta langsam und tief durch den Sand. Wieder mache ich den Fehler zur Bande hin zu torerieren. Das ganze noch ein Mal. Und noch ein mal. Biiieen. Handewechsel hinter dem Rücken zum Natural. Gelingt sehr gut, weil ich das zu Hause geübt habe. Der Präsident zeigt mir noch eine ‘antike’ Form den Stier zu zitieren, mit zusammengefalteter Muleta, was mir sehr gut gefällt, ich habe ähnliches in alten Videos gesehen. Ich übe, bis es sitzt. Aber auch mit der Muleta bin ich zu sehr mit dem Oberkörper in Bewegung. Gut zu wissen, das auszumerzen wird Konzentration erfordern. Nun schauen wir den anderen Aficionados zu, welche ja schon wesentlich mehr können, als ich. Auch hier sehe ich wie Soto jede Einzelheit bis ins Kleinste Korrigiert. Stellung der Beine, Haltung der Arme , alles hat seinen Sinn und auch dieser wird erklärt. Am Ende wird jeder, mit der Muleta in der rechten und der linken Hand geprüft, der Meister selbst führt die Hörner. Einer nach dem andern muss antreten. Dann ruft ein Schlitzohr nach ‘La Alemana’ und ich möchte im Erdboden versinken. Man drückt mir die Muleta in die Hand, vor Aufregung positioniere ich den Degen falsch, aber der ‘Lehrer’ ist gleich da und korrigiert. Zum ersten Mal habe ich Hörner vor mir, das ist was anderes als meine ‘Trockenübungen’. Auf diese konzentriere ich mich, versuche meinen Oberkörper nicht all zu sehr zu bewegen. Der erste Muletazo ist sehr zögerlich, aber ich fasse Vertrauen und der nächste sitzt besser. Ich muss mich mehr strecken um den ‘Toro’ nach außen zu lenken. Zum Schluss soll ich einen Pase de pecho simulieren. Und er gelingt besser als ich dachte, in aller Langsamkeit. Ich habe meine Feuertaufe bestanden und darf nächten Donnerstag wieder mitmachen.
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COLINColin C. Ernst, geb. in Deutschland, lebt in Spanien. Aficionada practica. Ehemalige freie Mitarbeiterin der Ganaderia Victorino |