25.6.2017 Feria de Istres (Frankreich)
Toros aus der Ganaderia von Juan Pedro Domecq
Cartel: El Fundi - Enrique Ponce - Juan Bautista
Um es vorweg zu nehmen: mit den Juan Pedros war ich nicht zufrieden. Sie sind torerierbar aber grundsätzlich eher schwächlich und kompliziert, weil sie immer wieder zum "Mitmachen überredet" werden müssen. Generell bekamen alle Exemplare nur einmal die Vara zu spüren (damit man mit ihnen überhaupt noch etwas anfangen konnte) und konnten somit ihre Bravura nicht unter Beweis stellen. Allerdings fürchte ich,dass da auch keine war. Trotzdem b.z.w. gerade dadurch waren sie gefährlich. Oft wurden auch nur 2 Paar Banderillas gesetzt.
Schon der erste Toro musste wieder zurück in den Corral. Er sprang die Vorderhufe voran in jeden Angriff,(was aussah wie Kopfsprünge vom Beckenrand) und verletzte sich dabei.
Auch mit dem Sobrero der gleichen Ganaderia hatte El Fundi,der 5 Jahre nicht mehr im Ruedo stand und inzwischen 50 Jahre jung ist, nicht viele Optionen.(Ich erlebte ihn schon einmal 2006 in einer Miurada). Der Maestro setzte die Palos nicht mehr selbst und liess sich auch nicht durch Zurufen dazu bringen. Die Faena widmete er dem verstorbenen Fandino und machte seine Aufgabe unter den gegebenen Umständen gut. Zwei Pinchazos und eine media Estocada brachten ihm eine Ovacion.
Dann war die Reihe an Maestro Ponce. Ja,dafür habe ich diesen ökologisch und ökonomisch bedenklichen Eintagestrip nach Frankreich gemacht!
Es ist einfach grandios mitanzusehen, wie dieser Mann arbeitet. Wie er mit dieser unglaublichen Lässigkeit in der Hüfte und perfektem Timing die Muleta dem Toro schmackhaft macht,wenn dieser unkonzentriert wird oder sich gar nach dem Torero umschaut.Sie vor ihm entfaltet,ausbreitet, ja erblühen lässt und ihn regelrecht verführt. Das ist Temple,das ist Kunst,das hat sogar Erotik. Dazu gibt er dem Toro die nötigen Verschnaufpausen und strahlt eine solche kenntnisreiche Ruhe aus. In Frankreich spielt die Banda ja nicht nur die üblichen Pasodobles, sondern durchaus auch Musik aus Pop oder Klassik. In diesem Fall spielte sie einen mir unbekannten Pop-oder Musicalsong der Marke "Schmuseblues",zu welchem die Faena von Ponce kongenial harmonierte. Wie choreographiert! Das wollte ich erleben und das habe ich bekommen!!
Auch die Estocada war, über dem Horn hinein gegangen, quasi perfekt sitzend. Leider zog sich der Toro an die Tablas zurück. Ponce liess sich den Descabello bringen,aber nur um den Espada heraus zu ziehen ,schickte ganz unaufgeregt seine Leute aus dem Ruedo und verharrte ganz ruhig, in seiner Poncina-Pose vor dem Stier. Manche im Publikum wurden jetzt ungehalten, aber ich konnte sehen,dass der Mann wusste was er tat und kurz darauf brach das Tier zusammen und auch der Puntillero hatte nichts mehr zu tun! Dafür gab es zu recht zwei Orejas.
Juan Bautista zeigte hier schon bei seinem ersten Toro eine grosses Repertoire an Lances und Pases.Bei Jean Baptiste Jalabert,wie er richtig heisst , dauert es immer ein Weilchen,bis der Funke auf die Ränge überspringt. Das scheint mir daran zu liegen, das die Übergänge zwischen den Pases nicht immer sehr flüssig sind,sondern manchmal etwas eckig.
Er tötete recibiendo und musste den Descabello benutzen. Trotzdem bekam er, der "Lokal-Matador", vom spendablen Präsidenten zwei Ohren,was für mein Empfinden,eines zu viel war.
Nun war wieder Maestro Fundi an der Reihe und zeigte uns eine schier unglaubliche Serie von Chicuelinas. Der Brindis ging an seine anwesende,schräg vor uns sitzende Familie. Wie man einem Interview in der Lokalpresse entnehmen konnte,war seine Frau überhaupt nicht von der Idee eines Comebacks angetan. Wir bekamen eine künstlerisch und technisch hochwertige Faena zu sehen die mit einer schnellen Estocada (leider in die Lunge,das mag ich nicht) abgeschlossen wurde. Wieder zwei Ohren. Der ca. 11 jährige Sohn,der während der Faena die Montera des Vaters hielt heulte Rotz und Wasser,aus Stolz,Erleichterung,Rührung....?
Enrique Ponce hatte die persönliche Latte vorher schon sehr hoch gehängt und konnte mit dem komplizierten Domecq, nicht mehr ganz an diese heranreichen. Aber seine Technik,sein Feeling,sein Temple ist sagenhaft und er zeigte eine Vorstellung,dem Kollegen Fundi gewidmet,für die er mit vollem recht ein Ohr bekam.
Bautista hatte sich jetzt viel vorgenommen und um es vorweg zu nehmen,er erreichte auch alles. Ich sah ihn bisher bereits zwei Mal ,aber nie war er so gut wie jetzt bei seinem zweiten Stier.
Der letzte Toro der Feria 2017 wurde mit Musik in das Ruedo entlassen,was ich schon als irgendwie deplaziert empfand. Besonders deshalb, weil sich dieser "Stimmungspasodoble" als GRIECHISCHER WEIN von Udo Jürgens herausstellte. Die Spannung des sich öffnenden Torils war weg und die sehenswerten Larga cambiadas en rodillas mit denen Bautista den Toro Golfillo empfing gingen schon ein wenig unter. Der Diestro packte jetzt noch einmal eine unglaubliche Vielfalt an Lances aus. Auch setzte er die Banderillas selbst und lud nun Maestro Fundi dazu ein,auch ein Paar zu platzieren. Ein gelungenes Tercio! Danach setzte Bautista seine Variabilität an Pases fort. Gegen Ende der Faena hatte er den Toro quasi "dressiert", so dass der Diestro am gleichen Fleck stehen blieb ,während das Tier von ihm gelenkt, vorbei zog. So muss es sein! Den Abschluss bildete eine effektive Estocada recibiendo und Juan Bautista bekam die zwei Ohren.(Ich hätte ihm jetzt sogar auch den Rabo gegeben).
Der Präsident zog aber noch ein Tuch,nämlich das Blaue. Somit bekam der Toro Golfillo eine Ehrenrunde zugesprochen. Wie erwähnt, ich empfand die Exemplare aus dieser Ganaderia aber nicht wirklich
als Toros BRAVOS.
Aber trotzdem war es ein wunderbarer,erlebnisreicher,emotionaler,taurinischer Abend und auch der Freund und Kollege,welcher mich begleitete war sehr begeistert und konnte für die Fiesta nacional gewonnen werden.
Allein der letzte Satz dieser schönen Chronik verdient zwei Orejas und ein OLE! Mein Dank gilt diesem Aficionado, der nicht nur sein Körnchen Sand in der Arena gelassen hat sondern einen weiteren Freund für die Fiesta brava gewonnen hat - Muchas gracias!