ein Mal mehr, möchte ich Euch an meinem ‘Leben’ in meiner Wahlheimat, Sanlucar de Barrameda teilhaben lassen.
Wenn auch ‘unschuldig verurteilt’zu über sieben Wochen ‘Knast’, habe ich das Glück, das meine ‘Mitgefangenen’ ganz nette Menschen sind.
Eine kleine Seitenstraße, keine 100 Meter trennen uns andere Gebäude, hier vom Strand von Sanlucar, wo der Guadalquivir in den Atlantik mündet.
Ein ruhiges Viertel, mit Doppelhaushälften. Viele, meist ältere Bewohner, haben in jungen Jahren ins Ausland imigriert, um dem Hunger oder Franco zu entkommen. Einige waren sogar in Deutschland, oder haben Verwandte, welche heute noch in Deutschland wohnen.
Durch den abendlichen Aplauss, pünktlich um Acht, pünktlich wie die Corridas ‘A las cinco de la tarde’,stehen sie auch am Ende der achten Woche des Einschlusses, an den Fenstern oder in ihren kleinen Vorhausterrassen um dem sanitären Personal Beifall zu spenden. Später tauscht man Neuigkeiten aus, von Fenster zu Fenster, von Tür zu Tür. Ich habe Glück gehabt, hier zu landen. Gerne sieht man mich ein paar Lances mit der Capa machen, man erkundigt sich nach dem Befinden meiner Mutter im fernen Deutschland. Und einige sind sogar richtige Aficionados.
Da ist Marie, welche mir alle Bücher über die Geschichte von Sanlucar geliehen hat, damit ich eine ‘gute Sanluquena’ werde.
Und Miguel, der mein Vermieter ist. Da kein Garten vor der Tür, hat er die kleine Vorterrasse des Hauses, vor meinem Gitterfenster in einen wunderschönen Garten verwandelt. Geranien und Palmen, haben mir oft die trübe Stimmung vertrieben. An seine Adresse bin ich durch einen anderen Aficionado gekommen, dessen Eltern hier um die Ecke wohnen, als ich vor Jahren ein kleines Apartment zum ‘überwintern’ in Sanlucar suchte. Im zweiten Jahr schloss man Freundschaft und in diesem ‘Encierro’ erzählte Miguel mir, das er als erster in Sanlucar mit einer Kutsche zur Hochzeit gefahren sei. Zum Feiern hatte man keine Zeit, es ging gradewegs zur Plaza de Toros, wo an diesem Tag eine Corrida stattfand. Das junge Pärchen, Aficionados und Freunde von Julio Vega ‘Marismeno’, wollte die Corrida mit Curro Romer, Marismeno und Limeno nicht versäumen... Was für ein Hochzeitstag!
Vor knapp zwei Jahren hat sie einen Jungen geboren und die ersten Spielzeuge waren ein StoffToro als Kuscheltier und eine Minicapote als Schmusedecke. Heute hat er Minibanderillas als Spielzeug, seine Capote zieren die Autogramme von Gines Marin, Escribano unter anderen Figuras del Toreo.
Und eine Traje de luces hat er auch schon. Eine Traje Goyesca. Diese hat vor dreißig Jahren seine Oma, Mutter des Vaters für ihren Jungen handgeschneidert. Que Arte, welche eine Kunstfertigkeit.
Dieser hat sie aufbewahrt, bis sein eigener Sohn hinein passte. Das nenne ich eine Familie von Aficionados al Toro! Hier wird die Tradition bewahrt.
Wie der geneigte Leser sehen und lesen kann, bin ich hier bestens aufgehoben um dem Toro Covid19 die Stirn zu bieten. Und die Aficion, totgeschwiegen von der Regierung, lebt!
Haltet Euch weiterhin fern von diesem Toro Covid19, haltet Abstand - Dale sitio al toro! Nur nicht leichtsinnig werden, auch wenn man Euch im fernen Deutschland nun noch freier leben lässt, als uns im sonnigen Spanien. Leichtsinn ist nicht nur des Hasen Tod, sondern auch dem des Toreros, der den Toro aus den Augen lässt! In diesem Sinne, ein schönes Wochenende!