Mir geht es nicht anders als vielen Menschen. Das Panorama, provoziert durch den Toro ‘Coronavirus’ ist erschreckend und das man nicht aus dem Haus kommt, wie hier in Spanien, entspannt die Nerven nicht.
Ganz im Gegenteil, man sitzt mehr oder weniger den ganzen Tag rum und macht sich Gedanken, wohin das ganze noch führt. Hier darf man noch zum nächsten Supermarkt oder Apotheke, aber damit hat es sich schon und vernünftiger Weise vermeidet man diese ‘Versammlungen’ um weder sich noch Andere zu gefährden. Und man erwartet weitere Einschränkungen.
Auch mir fällt die Decke auf den Kopf, es scheint, der Tag hat plötzlich 48 Stunden, man schläft schlecht vor lauter ‘Gedankenmacherei’.
Um mich ein bisschen aufzumuntern, erinnere ich mich an die unglaublichen Dinge, welche ich erleben durfte. Zum Beispiel den letzten Tag in ‘meiner’ Plaza, wo mir ein herzliches Lächeln von einem Matadors geschenkt wurde, welcher fünf Puertas grandes in Madrid geöffnet hat. Alberto Lopez Simon, mein ‘Puppenspieler’. Wer hätte gedacht das ich Gelegenheit hätte einen Torero dieser Kategorie persönlich kennen zu lernen.
Als sich letztes Jahr die Union von Diego Robles, Apoderado der Casa Matilla und Lopez Simon formierte, begann er in Sanlucar zu trainieren. Man begrüßte sich jeden Morgen in der Plaza, aber ich belästigte den jungen Maestro nicht. Der Gruß am Morgen, des Toreros, seiner Cuadrilla und des Apoderados und das Privileg das Training zu beobachten, ist schon etwas Besonderes.
In diesem Jahr blieb es nicht beim stillen Beobachten. Ein Torero merkt schon, wer sich sein Training intensiv ansieht und ich ließ ihn kaum aus den Augen. Irgentwann sprach er mich an, machte einen Scherz über das Bandagieren der Hand, wie man es bei Toreros wie Manzanares, Talavante und Roca Rey sieht. Wir kamen ins Gepräch und es stellte sich heraus, das wir fast Nachbarn waren, in Sanlucar.
Er hatte seinen Spass daran, als ich ihm erzählte, wie ‘unglaublich’ es für einen deutschen Aficionado ist, wenn ein Matador de Toros direkt vor seinem Fenster vorbeigeht. Ich erklärte Ihm, das dies für mich ungefähr so normal ist, als wenn ein Einhorn vorbeigekommen wäre. An dieser Geschichte hatte er seine Freude und oft wechselte er ein paar Worte mit mir, wenn ich in seiner Nähe war.
Wie schon gesagt, er ist ein sympathischer, offener junger Mann, der einem in die Augen schaut.
Und in diesen trüben Tagen, wo man so manches Mal einen ‘schlechten Moment’ hat, erinnere ich mich an dieses letzte Mal, als die Welt noch mehr oder weniger in Ortnung war. Ich stand in der Nähe des Eingangs zum Ruedo und er kam, torerierend de salon, an mir vorbei. An den Hörnern, Diego Robles. Ich war sein Publikum, strahlend lächelte er mich an, parrierte den Stier ‘DiegoRobles’ und winkte mir zu! Mir! Wie grandios ist das denn, freue ich mich in diesen kritischen Momenten, ein Matador, mit fünf Puertas grandes winkt mir zu! Die Erinnerung an dieses Lächeln erfreut die triste Seele und animiert, mal eben ein paar Veronicas auf 4Quatratmetern auszuführen.
Wann ich reisen darf, weiss ich nicht. Was mit meiner Arbeit auf den Balearen wird, auch nicht. Aber wie im Toreo, ein Tercio folgt dem anderen, man mus Geduld haben, um sich am Ende des Toros ‘Coronavirus’ zu entledigen. (Gerne würde ich das im Moment so machen, wie Morante: Der Stier gereicht mir nicht zur Kunst, man greife schnell zum Degen.)
Die taurinische Welt steht nicht still. Viele Toreros und auch Ganaderos machen ‘Videos’.
Die einen geben Unterricht im Toreo de Salon, wie Davila Miura, andere machen Mut und versteigern Trastos für die Unterstützung zum Kauf von Masken und Atemgeräten, wie Roman. Caytano plant Festivales für den guten Zweck, Maestro Padilla erklärt uns, via Mundotoro.com, wie man die Stiere der verschiedenen Encastes unterscheidet, mit ihren ureigenen Eigenarten. An seiner Seite seine Tochter Paloma, eine großartige Aficionada.
Victorino überträgt Videos von der Arbeit im Campo, in seiner Webseite VictorinoMartin.com. Der Empresario Carmelo Garcia hat einen Quiz online veranstaltet, wo man Entradas für die erste Corrida in Sanlucar gewinnen kann, wenn der Alptraum vorbei ist. All das findet man in Aplausos.es, Mundotoro.com , Twitter Facebook und Instagram.
Der Notstand in den Krankenhäusern lässt keinen kalt. Alle Enfermerias der Plazas de Toros haben ihre Beatmungsgeräte und Schutzanzüge den Krankenhäusern zugeführt. Einige Sastres, die Schneider der Trajes de luces, fertigen nun Schutzmasken mit ihren Nähmaschienen an. El Juli, Pau Gasol und Rafa Nadal haben sich zusammengetan um finanziell zum Gelingen der Mission beizutragen: Den Virus zu bekämpfen wo es nur geht.
Hier, in unserem Callejon, wird jeden Abend um acht Uhr Aplauss gespendet für die Menschen an forderster Front, an den Fenstern, von den Balkones, oder direkt aus der Haustür, wie in meinem Fall. Nachbarn, mit einer guten Stereoanlage spielen mal die Nationalhymne, mal das bekannte Lied „I will survive“ oder „We are the champions“.
Wissend, das ich irgend was mit den Toreros zu tun habe , hat man mich gelöchtert, mal auf der Straße zu torerieren. Und das bei ‘Ausgangssperre’. Womit lockt man mich aus dem Haus? Mit Sevillanas oder Pasodobles, der für mich besten spanischen Musik.
Für einen Moment verwandelte sich unsere Gasse in eine Plaza de Toros. Brindis für alle Nachbarn und die Capote fegte über den Asphalt. Veronica, Veronica, die Media als Remate. Aplausos und Ole’s das man Gänsehaut bekommt. Noch ein paar Chicuelinas, fachmännisch komentiert von einem Herrn im ersten Stock, Remate eine Revolera. Danach der dankende Gruß ans Publikum, wie ich es bei den Toreros gelernt hatte..., die fröhichen Gesichter an den Fenstern waren das ‘Highlight’, nach zwei Wochen Isolation.
Und die zwei Minuten in freier Bewegung taten unglaublich gut. Für ein paar Minuten haben wir alle das Elend vergessen.
Und Elend gibt es hier genug. Die Menschen dürfen nur für das Notwendigste vor die Tür, alleine. Wer sich den ganzen Tag vor das Fernsehen setzt, bekommt Angstzustände, die Zahlen sind erschreckend, auch wenn man versucht uns etwas anderes zu verkaufen. Die Situation in Altenheimen und Krankenhäusern ist in einigen Regionen erschreckend, nicht nur die Infizierten, sondern auch das Personal ist erkrankt.
Auch ist die finanzielle Lage für viele mehr als bedenklich. Kaum hat man sich nach der Finanzkrise erholt, kommt nun dieser Virus. Seit zwei Wochen ist fast jedes Geschäft geschlossen, und in vielen Fabriken musste man nun auch die Arbeiter nach Hause schicken, auf staatliche Anortnung. Die finanzielle Seite dieser Entscheidung, ist für viele Unternehmer und Arbeiter dramatisch, das Ende noch nicht abzusehen.
Hier gehen wir nach zwei Wochen Stillstand in die verschärfte Verlängerung. Ob ich danach noch durch die Tür passe? Der Rücken schmerzt, man sitzt zuviel herum, nicht jeder hat jeden Tag die Selbstdisziplin, eine Stunde Sport auf 4qm zu teiben, oder den Kartoffelchips zu widerstehen. Man langweilt sich zu Tode, man hockt zuviel vor TV und Computer und der fehlende menschliche Kontakt und die Zukunftsorgen rauben oft den Schlaf. Aber es hilft alles Lamentieren nicht, wir müssen ‘da durch’.
Meinen Freunden und Lesern sende ich auf diesem Wege ein ‘Animo’, lasst Euch nicht unterkriegen, haltet Abstand und bleibt zu Hause.
Und allen welche uns durch ihre Arbeit in Krankenhäusern, Supermärkten, Apotheken und anderen Arbeiten, unsere Welt ‘am funktionieren’ halten, gilt mein Dank.
Und ebenso danke ich den vielen Freunden und Aficionados, welche mir geschrieben haben, mich aufgemuntert haben, weiter zu schreiben, auch wenn sich wenig berichten lässt. Gracias Amigos!
https://torosytoreros.weebly.com/espanol/las-capturas-del-califaa9630727