Utrera
- Corrida Mixta -
Sábado 9 de Septiembre de 2017
- Diego Ventura
- Sebastián Castella
- Ginés Marín
Unser Spätsommer-Urlaub in Andalusien ließ den Besuch der Corrida Goyesca in Ronda nicht zu. Sie fand dieses Jahr bereits am 2. September statt. Fran Rivera Ordonez -Paquirri - der empresario der Plaza von Ronda nahm als matador de toros - Paquirri - an diesem Tag seinen Abschied von den ruedos.
Auf Ronda hatten wir also verzichten müssen. Zum Glück gibt es in Andalusien noch mehr Orte, die am zweiten Septemberwochende eine feria zum Anlass nehmen, ihre Festivitäten mit einer corrida de toros zu bereichern.
Wir entschieden uns für eine Fahrt nach Utrera, südlich von Sevilla gelegen. Per Telefon hatten wir entradas bestellt: Tendido 1, Sombra, Contrabarrera. Sicher ist sicher, dachte ich.
Für unsere Freunde war es die erste corrida ihres Lebens. Seit Jahren hatten sie meine Passion und aficion für die Stiere miterlebt.
Wir brachen vormittags vom Hotel am Meer auf und verbrachten - auf halber Strecke - einige Stunden in Arcos de la Frontera, dem verwinkelten weißen Dorf mit drei imponierenden Kathedralen am Berghang über der Ebene. -
In Los Palacios y Villafranca, einem Nachbarort von Utrera, bezogen wir unsere reservierten Zimmer in einem nostalgisch anmutenden Hostal, bevor wir uns auf den Weg zur Corrida machten, die um 19 Uhr 30 beginnen sollte.
Wir suchten die Plaza vergebens in der Ortsmitte. Wir fanden sie schließlich am Rande eines riesigen Feria-Geländes - einem gigantischem Rummelplatz mit tosendem Lärm. Die Plaza, ein moderner multifunktionaler Betonbau, schmucklos, ragte aus einer Wüste von ockerfarbenem Sand, der mitsamt den verwehten Abfällen den Besuchern in der Hitze des Nachmittags entgegenwirbelte. Staubwolken!
Wir holten die reservierten entradas ab. Lange Schlangen gab es nicht an den taquillas.
Es gab zwei oder drei Stände mit Stierkampf-Kitsch, Sitzkissen wurden angeboten, der Truck mit den Boxen für die Pferde von Diego Ventura war bereits ausgeladen. Wir hielten dem starken Wind stand und warteten auf die Ankunft der toreros.
Es verlief alles denkbar unromantisch und unaufgeregt. Eher lustlos verließ Castella mit seiner cuadrilla den Wagen und stellte sich kurz für ein Foto mit den aficionados zur Verfügung. Ginés Marín, der Zwanzigjährige, der in dieser temporada einige respektable Erfolge hatte, wirkte auch nicht gerade hochmotiviert. Bei einer Plaza dieser Kategorie fast nachvollziehbar! Ich war gespannt auf die Stimmung in der Plaza.
Aber pünktlich mit dem paseillo saßen wir auf unseren Betonsitzen zwischen den Zuschauern, die zu etwa zwei Dritteln die Ränge füllten.
Und es stellte sich - trotz der nüchternen Atmosphäre grauen Betons - angesichts des Einzugs der "Mitwirkenden" in der bunten Vielfalt der traditionellen Choreographie die froh-bange Erregung ein, die ich immer am Beginn einer corrida de toros empfinde: Fiesta!
Der Rummel draußen ausgesperrt, auch der unberechenbare Wind gemäßigt! Die aufgeregte Unruhe des Publikums ebbt ab! Die Konzentration auf das Schauspiel stellt sich ein!
Diego Ventura - als rejoneador in dieser Saison ganz besonders erfolgreich, fast täglich kann man davon lesen - errang mit dem ersten Stier dos orejas. Mir ging durch den Kopf, dass Ventura vor wenigen (zwei?) Tagen zum zweiten Mal Vater geworden war - ich hatte im Diario ein Foto von ihm und seiner Frau mit der neu geborenen Tochter gesehen. Welche Rolle spielt die Angst in der Familie? -
Erlebt man Diego, wie er von seinen Pferden aus über die Angst triumphiert und die wunderschönen Tiere zum Tanzen bringt - scheint er dem Tod zu trotzen. Dieses Agieren eines "Draufgängers" gefällt nicht jedem! Aber er beherrscht sein "Metier" mit größter todesverachtender Perfektion. - Es steckt an! Beim Umgang mit seinem zweiten Stier, für den Ventura drei Trophäen erhielt, stellte ich fest, dass ich die Angst um das Pferd, die sonst Besitz von mir ergreift beim rejoneo, nicht mehr verspürte. Das Archaische dieses "Zusammenspiels" berührte und beschäftigte mich.
Ich dachte daran, dass Diego Ventura und Morante enge Freunde sind und Nachbarn in La Puebla del Río. Diego stammt aus einer portugiesischen Familie von Stierzüchtern und züchtet seine eigenen Stiere, die auch Protagonisten seines Auftritts in Utrera waren. (Antonio, ein andalusischer taurino, mein Lieblingskellner, erklärte rigoros: Das gibt es nicht! Das ist gegen die Regeln! Hat er Recht? Darf das nicht sein?)
Ginés Marín kam beim Publikum ganz anders an. Er ist einer aus Jerez, jung, ehrgeizig, ungestüm. Ein Ohr als Trophäe vom ersten Stier! Die Zuschauer applaudieren ihm mit Wärme. - Die Enttäuschung beim zweiten Stier umso größer. Der toro entwaffnet ihn, fast wirkt Ginés beleidigt.
Puerta Grande für Diego Ventura!
Aplausos für Castella und Marín!
Die Plaza leert sich. Die Fiesta ist beendet.
Rummel und Staub umgeben uns wieder.
Ich danke der Autorin und großartigen Aficionada für die autentische Schilderung des Tardes in Utrera und warte mit Spannung auf eine Fortsetzung, denn der Urlaub war hier noch nicht beendet...