Nach dem Training des Toreo de Salon am Morgen blieb Eloy Hilario und mir wenig Zeit, um erneut zu einem Tentadero aufzubrechen.
Dieses Mal hatte man uns gleich zu drei Tentaderos eingeladen. In der La Palmosilla war Alejandro Talavante, bei Nunez de Cuvillo gab es Curro Diaz und bei derm Rejoneador Fermin Bohorquez fand ein weiterer Tentadero statt. Wir entschieden uns für die letztere Option, denn in den beiden anderen Ganaderias konnten wir davon ausgehen das die Schlange der Novilleros an den Eingängen recht lang und die Möglichkeit ein paar Schwünge mit der Muleta zu machen somit gering ist. Also fuhren wir zur Ganaderia des Toreros zu Pferde, ohne zu wissen, wer dort die jungen Kühe prüfen würde.
Angekommen, war ich beeindruckt von dem Gebäude, welches nicht nur die eine überdachte Plaza de tientas, sondern auch eine Reithalle und die Ställe für die Pferde des Rejoneadores einnimmt. Außen ein Palast, innen ein Tempel, so zumindest sah ich es. In den Ställen seine vierbeinigen Stars, die Pferde. Ein wunderschönes Exemplar war davor angebunden. Hätte ich das nötige Kleingeld, hätte ich unbesehen gekauft. Eine Schönheit von Adel!
Ich konnte einen Blick auf die wuchtigen Exemplare der Stierzucht werfen, denn gleich hinter dem Parkplatz zogen ein Zuchtstier und seine Herde mit den Cabestros vorbei. In aller Ruhe, im Gegensatz zu anderen Zuchten, schenkten sie mir keine Aufmerksamkeit. Ich war etwas irritiert.
Ein weiterer Luxus auf meiner Reise ins Wunderland der Toros.
Eloy Hilario und David Fernandez waren die einzigen Novilleros, die sich eingefunden hatten. Ein Glück, denn so war beinahe garantiert, das sie sich mit den jungen Kühen messen durften, wenn Maestro Cayetano dem Züchter Bohorquez ihre Qualität offenbart hatte. Erst dann lässt man die Nachwuchtoreros ein paar Pases mit der Muleta ausführen. Vor Beginn des Tentaderos hatte ich Gelegenheit den Ganadero persönlich zu begrüßen.
Ich hatte nicht erwartet, das er mich mit mehr als einer Kopfeslänge überragt, ich bin ja selbst nicht klein mit 1.75m. Er hat einen sehr trockenen Humor, wie ich im Verlauf des Tentaderos feststellten konnte.
Die meisten Tiere von Bohorquez findet man in den Corridas zu Pferde, dem Rejoneo. Dem gemäß wollten die vier Jungkühe wenig vom Picador wissen. Auch in der Capa Cayetanos war wenig von ihnen zu sehen. Munter galoppierten sie Runde um Runde, ohne sich besonders für den bekannten Torero zu interessieren. In der Muleta war ihr Angriff alles andere als klar. Als wüssten sie selbst nicht genau was der Sinn des Spieles ist, zögerten sie zunächst. Aber hatten sie einmal ‘Geschmack’ an der Sache gefunden, hatten sie eine sehr schöne Art den Kopf mit den kleinen Hörnchen in die Tücher zu senken und ihnen zu folgen.
Etwas , was den Toreros später hilft, wenn sie mit Nachkommen der jeweiligen Ganaderias in der Plaza stehen. Dann wissen sie, wie in diesem Fall, dass die Murubes von Bohorquez nicht auf den ersten lockenden Schwung reagieren, ihn regelrecht ignorieren. Haben aber erst mal das ‘Eis’ gebrochen, stehen die Chancen auf eine gute Faena nicht schlecht.
Wenn der Matador dem Züchter die Qualitäten des Tieres gezeigt hat, schlägt die Stunde für den Nachwuchs. Eloy hatte dieses Mal das Glück, sich über zehn Minuten mit zwei Exemplaren messen zu können. Und er machte seine Sache sehr gut. So gut, das sich Cayetano zu mehreren Ole’s hinreißen ließ. Überhaupt ist er sehr sympathisch. Mit den Vaquillas redet er und lachet über sie, wenn sie versuchten ihn hinters Licht zu führen, um ihn auf ihre keinen Hörnchen zu nehmen. Als Eloy einmal einen Fehler machte, nahm er sich seelenruhig Zeit, dem Jungen zu erklären, wo er diesen gemacht, und wie er diesen korrigieren kann. Ganz im Gegensatz zur etwas barschen Ungeduld des Züchters Bohorquez, der schon mal mit einem derben Spruch einen jungen Aspiranten verunsichert. Welch ein Gegensatz der Persönlichkeiten
Dieses Mal hatten sich fast zwanzig ‘Tapias’, so nennt man die Novilleros, die für einen Pase mit der Muleta von Ganaderia zu Ganaderia reisen, eingefunden. Sie folgten Maestro Alejandro Talavante. Und so konnte ich den hochgelobten Matador aus nächster Nähe betrachten. Das er vor den Corridas eine Zigarette braucht, wusste ich. Das er sie auch vor ein paar Becerras braucht, erstaunte mich ein wenig. Diesmal waren Fotos nicht erlaubt, darauf wies uns Fermin Bohorquez energisch hin. Talavante ging nicht sehr sensibel mit den etwas schwächlichen, gut im Futter stehenden Tieren um. Er presste sie aus wie eine Zitrone. Experimentierte ein wenig, was aber kaum sichtbar war, angesichts der limitierten Kräfte. Für die Novilleros blieb fast nichts übrig und so konnten sie höchstens vier , fünf Pases ausführen, wenn überhaupt. Nicht viel, wenn man lernen und praktizieren will. Ich unterhielt mich mit anderen Begleitern der Jungs, Väter, Apoderados, die sich wie ich, die Beine in den Bauch standen. Keiner war überwältigt von der ‘Kunst’ des Maestros, man war eher gelangweilt.
Morgen geht es zu einem Tentadero mit Aficionados practicos. Da die Plaza wegen des Regens nicht ‘begehbar’ ist, wird im offenen Gelände, ‘A campo abierto’ toreriert. Eine schönere, natürlichere Form gibt es nicht. Ich bin sehr gespannt.