Ich konnte mir die Ganaderia des Marques de Albaserrada aus nächster Nähe ansehen und dort an einer ‘Retienta’ teilnehmen.
Hier werden Kühe geprüft, welche schon einige Jahre in der Zucht sind. Sie haben schon für Nachwuchs gesorgt, aber man hat anscheinend Fragen ob der Qualität und Bravura und so schaut man sie sich bei der wiederholten Prüfung noch ein Mal genauer an.
Im Innenhof, mit den alten Pflastersteinen, befinden sich die Pferdeställe. Dies war natürlich ein Anziehungspunkt für mich, als Reiter. So kam ich dazu, dem Picador zu helfen, sein Pferd ‘anzukleiden’. Das schützende Unterkleid wiegt Einiges und es anzuziehen ist eine Kunst für sich. Das Pferd eine Seele an Geduld, lies uns anstandslos unter dem Bauch hindurchkrabbeln. Das schützende Oberkleid des Peto, wiegt wesentlich weniger, es ist aus Keflar, aus dem auch die schusssicheren Westen der Polizei gemacht sind.
Während sie im Corral warteten, zeigten sie erneut ihre Angriffslust. Am liebsten wären sie die Wände hoch gegangen um uns zu attackieren. Beindruckend. Die Vacas der ‘Modeganaderias’ zeigen das Gegenteil, meist weichen sie zurück...
Die erste Vaca kam direkt neben mir aus dem Toril und stürmte ohne zu Zögern auf den Picador zu. Ihre Attacken waren heftig und es kostete Arbeit, sie mit der Capa vom Pferd weg zu locken. Sie ging auf alles los was sich bewegte, ohne Zögern. Mit Kunst ist so einem Tier nicht beizukommen. Erfahrung, Technik und schnelle Reaktion sind da gefragt. Mein Freund, der ‘Califa’ kannte sich da aus und konnte sogar einige Chicuelinas , Delantales und Veronicas anbringen. Nicht ausgeführt mit der, bei den ‘Künstlern’ so beliebten Langsamkeit, sondern in schnellem Verlauf, den die Vaca forderte.
Welch ein Unterschied zu den Tieren, welche ich in anderen Ganaderias kennengelernt hatte. Enorm.
Dabei sind sie recht klein, im Verhältnis. Keine von den Vieren war bereit aufzugeben. Ihr Alter lag zwischen 6 und 12 Jahren, also voll ausgewachsen und erfahren.
Mehr als ein Mal rasten sie auf meinen Burladero zu, schauten mich gradezu herausfordernd an. Angst verspürte ich keine, sondern eine enorme Freude, ihnen so nah zu sein, diese Kraft regelrecht zu spüren, welche in diesen Vacas steckt. Faszinierend.
Bedauernd verließ ich meinen Platz nach der letzten Vaca. Zusammen mit der Witwe des Ganaderos genoss ich einen letzten Blick, im Sonnenuntergang, auf das Campo bravo. Ein Zuchtstier stand brüllend an der Mauer um seine Vacas zu rufen, überhaupt erfüllte das Rufen der Stiere das Campo mit einem nahezu mystischen Klang. Ein Murmeln, durchbrochen von einem kraftvollen Schrei der Herausforderung an den Rivalen auf der Nachbarweide.
Ein gradezu nostalgischer Abschluss eines wunderbaren Nachmittags im Campo bravo, bei den Nachfahren des Marques de Albaserrada.