Was ist wirklich dran, an so einer Aussage? Im letzten Jahr hatte ich Gelegenheit mich mit vielen Aficionados aus zu tauschen. Und oft hörte ich, das man sich mit dem einen Torero „langweilte“… Diese Worte hörte ich vor allem von „nicht spanischen Aficionados“. Ich
war geschockt. Ein Spanier äußert sich anders. Entweder hält er nichts von einem Torero und schimpft ihn Feigling, oder er beschreibt es mit „no llena“, - erfüllt mich nicht. Wie unterschiedlich ist das Verständnis des Ritus um den Stier. Natürlich muss ich meine eigene Meinung über gewisse Toreros oftmals hinterfragen, besonders, weil ich ja über diese berichte. Es kommt viel darauf an, wie man einen Stierkampf erlebt und, wieviel man wirklich darüber weis. Ich bin immer sehr gespannt auf den Stier und wie der Torero ihn zu meistern weis, oder auch nicht. Und tatsächlich habe ich mich erst einmal gelangweilt und einmal geärgert. Gelangweilt war ich im ersten Fall nach dem vierten Stier, der wie seine Brüder wenig Angriffslust zeigte und der Torero stets die gleichen Pases mit den Tüchern ausführte, um die Tiere aus der Reserve zu locken. Es war das Encierro eines „Maestros“ und ich war über mich selbst entsetzt. Wie kann es sein, das mich diesmal gar nichts berührte? Die Media Veronica war gut, aber ohne Emotion, die Linke tief, aber auch hier sprang kein Funke über… Ich stellte meine Afinicion in Frage. Als ich mich umsah, bemerkte
ich die gleiche Resignation auf den Gesichtern der anderen Zuschauer. Später
habe ich mir die Corrida auf Video angesehen, versucht irgendwelche Höhepunkte zu finden – es gab keine, beim besten Wohlwollen. Ein anderes Encierro machte mich wütend – nach dem Motto : „Was erlauben Struuunzz!? (Trappatoni in seiner Zeit bei Bayern). Der Torero erfüllte in keinster Weise die Anforderungen, dabei hatte er sogar noch einige gute Stiere, die zur Arbeit grade zu einluden. Ein totales Desaster, zum ersten Mal verstand ich, warum die Aficionados Sitzkissen ins Ruedo werfen. Pfiffe und Schimpferei, waren dem Torero gewiss. Andere Toreros, die einen guten Kampf, aber einen miserablen Abschluss gebracht haben, schleichen beinahe aus der Arena. Und dann gibt es die, denen man nichts mehr zutraut, oder die man zu oft gesehen hat, Toreros, die plötzlich als Durchschnitt abgestempelt werden. Manolete, Belmonte, Joselito, Paquirri, El Cordobes, alle haben Fans und Gegner gehabt. Besonders die, welche sich mit den Stilen dieser Maestros nicht anfreunden konnten, wetterten gegen sie. „Wehe, wenn der Torero einmal einem wahren Stier gegenüber steht“, hieß es oft. Und dann kommt der Tag, an dem ein Manolete, ein Paquirri tödlich verletzt ist. Das ändert alles. Plötzlich liebten ihn seine Gegner, als das was er schon immer war – ein wahrer Torero! Ähnlich ist es heute. Jose Tomas, nach Aguascalientes, Padilla nach seiner Cornada, für immer zusehen an seiner Augenklappe, Silis, jetzt mit spezieller Sonnenbrille. Viele Toreros erleben grade nach einer schweren Hornverletzung ein erhöhtes Interesse. Aber dies ist in gewissem Sinne sehr ungerecht, denn Tag täglich, riskieren die Menschen, die dem Toreo verschrieben sind, ihr Leben vor den Hörnern der Stiere. Der eine kann es besser, der andere weniger, aber keiner von ihnen würde einen Stierkampf so gnadenlos interpretieren, wie wir, die Anhänger, Aficionados. Wir sollten nie vergessen, das in diesem Ruedo, Menschen vielleicht ihr Leben lassen, für uns. Und das ein Tier sein Leben lässt, für uns…