Meine Freunde von den Aficionados practicos hatten einen Tentadero geplant. Bis zur letzten Minute bangte man um den Termin. Das heranziehende Regenwetter und die Teilnehmerzahl waren der ausschlaggebende Punkt.
Der Veranstalter, heißt , derjenige der die Tiere beschafft, die Plaza bereitstellt und Räumlichkeiten für eine ‘Fiesta campera’, will ja auch sein Auskommen haben. Der Kostenpunkt für Aficionados ist der Preis für eine Becerra, eine junge Kuh. Je nach Alter, Herkunft, vareiert dieser Preis. Man kauft hier kein Tier für die Tiefkühltruhe, sondern bezahlt für die Bravura des Tieres. Der Züchter bleibt weiter im Besitz der Becerra, bestimmt über deren Verwendung. Für das Torerieren bezahlt man, man darf die Capa schwingen, die Muleta führen und sich umrempeln lassen.
Meist prüft man die jungen Rinder kurz am Pferd, bevor wir Aficionados zum Zuge kommen. Es werden keine Banderillas gesetzt und die Aspiranten wechseln sich nach ein paar Lances oder Pases ab. Man hört auf, wenn der Züchter es anortnet. Danach geht das Tier zurück in den Corral, in den Transporter, entweder zurück zur Finca oder zu einem anderen Bestimmungsort. Der erfahrene Betrachter weiß, ob das Tier zur Zucht taugt, ob man es weiter verkaufen kann an andere Ganaderias, oder ob es keine Zukunft hat.
Die Aficionados töten die Becerra also nicht, sie üben nur am lebenden Objekt. und danach wird gefeiert, mit ‘Cante flamenco’, von zu Hause mitgebrachtem Essen und Getränken und viel Gelächter, wenn man die Saison und ihre Anekdoten, Revue passieren lässt.
Ein Gesellschaftsraum mit Küche, wo für das lebliche Wohl gesorgt wurde, ein rustikaler Innenhof und schon war man bei der kleinen, gepflegten Plaza. Vom ‘Casino’ hat man einen ebenso guten Blick, wie von den oberen Rängen, die schön schattig unter den wilden Olivenbäumen liegen. Unser Lehrer, Manuel Soto brauchte dieses mal keinen Blick ins Ruedo werfen, das es in Konditionen ist, ist bei Maestro Gonzales selbstverständlich. Über eine Leiter kletterten wir nacheinander auf eine Mauer, um einen Blick auf ‘unsere’ kleine Becerra zu werfen und sie auf uns. Mit großen Augen verfolgte sie aufmerksam unsere Bewegungen auf der Mauer.
In unserer Unkenntnis der Querencias, der Distanzen und der mangelnden Praxis, leisteten wir uns Fehler am laufenden Band.
Kaum ein Lance mit der Capa war sauber, das Tierchen war aber auch rasend schnell, das man gar nicht zum Überlegen kam. Im ‘Denken’ war die junge Vaca auch recht flott. Schnell hatte sie heraus, das, die meisten ihrer ‘Gegner’ ihr nicht gewachsen waren. Oft schlüpfte sie mit Vollgas zwischen lockendem Tuch und dem Körper des ‘Möchtegerntoreros’ hindurch, dieser musste dann schnell den Bauch einziehen.
Was bei dem Einen gar nicht klappte, sah bei dem Anderen recht ordentlich aus, aber meist war nach dem dritten Muletazo Schluss. Entweder hatte sich die Kleine in ihre Lieblingsecke zurückgezogen, welche sie heftig verteidigte, oder sie jagte jemanden durch die ganze Plaza. Beide Parteien schlugen sich recht ordentlich. Nach einem zweiten Durchgang wurde sie in den Corral entlassen, wo zwei andere Becerras ihr Gesellschaft leisteten.
Das ist der zweite Höhepunkt, bei dieser Art Tentaderos. Neben ernsten Gesprächen über Toros und Toreros, wurde viel gelacht. Irgend jemand fing an, auf den Holztisch zu klopfen, in einem ansteckeneden Takt, die ersten ‘Palmas’ (Händeklatschen) reihten sich ein: Flamenco... Sevillanas. Und schon fand sich ein ‘Sänger’. Auch ohne Gitarrenklänge erhoben sich die Ersten zum Flamencotanz. Mittlerweile hatte ich den Ritmus im Blut und klatsche mit, die Füße unter dem Tisch standen bei keinem still. Später kam doch noch eine Gitarre hinzu, die Einige hervorragend zu spielen wissen, darunter Manuel Soto.
Er hatte als Junge in dessen Elternhaus in Cordoba Beschäftigung und dem Matador oft ‘den Stier’ simuliert, wenn dieser im Haus seiner Mutter, im Patio, das Toreo de Salon trainierte. Dieser super rüstige Herr, musste später nach Frankreich emigrieren, wo er bis heute nah bei Paris lebt. Ein Teil seiner Familie lebt in Sanlucar, so das er oft hier ist. Obendrein ist er ein Poet, ein Dichter. Als man mit der Guitarre kam und die ersten langsamen Acorde erklangen, dichtete er im Einkang mit der Guitarre etwas sehr schönes über seine ‘Tierra’ sein Land, Andalusien. Wunderschön. All sowas erlebt man nicht oft. Solche Menschen lernt man auch nicht jeden Tag kennen. Auch das, die Musik, die Gedichte, die Geschichten, gehören zum kostbaren Erbe der Tauromaquia.