Das beinhaltet eine Art Weiterbildung auf dem unmöglichsten Bildungsweg: Selber machen. Ich lernte das Toreo de Salon, um eine Media veronica in Worte zu fassen. Keine Möglichkeit ließ ich aus, um von Aficionados und Professionellen zu lernen. Es dauerte etwas, bis man das ‘Greenhorn aus Alemania’ ernst nahm. Und ich war beinahe der Ohnmacht nahe, als ich zum ersten mal mit einem Matador de Toros sprach. Was für Fussballfans ein Ronaldo ist, ist für mich jeder, der den Stieren gegenüber tritt. Das schließt auch die Züchter mit ein und deren Personal in den Ganaderias.
Monate später klingelte mein Telefon und ich hatte eine Einladung von Victorino Martin, einem der bekanntesten Stierzüchter. Mit ihm ‘debütierte’ ich in Madrid, als Zuschauer in illustrer Gesellschaft. Dort lernte ich das Pressehandwerk aus erster Hand kennen, Dank des TaurinoKritikers Jose Luis Carabias. Nie werde ich vergessen, wie einschüchternd die Fassade und die Gesellschaft der Größen der Welt der Stiere, auf mich wirkte. Damals war auch ein ‘Dreh’, ein Video geplant, welches meinen Streifzug von Madrid, über Talavera de la Reina bis zur Ganaderia Victorinos, begleiten sollte. Gott sei Dank ging dieser Krug an mir vorüber, ins Fernsehen wollte ich nicht.
Wie Alice im Wunderland, folgten Mutti und ich einer Einladung Juan Padillas zu einem Tentadero a puerta cerrado. Exklusiver ging es in dem Jahr nach seinem Unfall nicht. Eloy Hilario begleitete mich von da ab auf vielen Abenteuern, Tentaderos mit Figuras und denen, die es werden wollen, in den interessantesten Ganaderias. Ich lernte den Toro, die Becerras und Vacas kennen und sie je nach Ganaderia zu unterscheiden. Lehrzeit.
Wenn ich die Zeit hatte, einen Torero beim täglichen Training zu begleiten, lernte ich auch viel über die andere Seite der Medaille. Die Sorgen und Ängste der Toreros. Das sie nicht genug Verträge, Cartels haben, besonders die Novilleros und jungen Matadores. Das manche sich gut 10 Jahre über Wasser halten, bis endlich der Durchbruch kommt. Die finanziellen Sorgen und was es bedeutet, wirklich den Hörnern gegenüber zu stehen. Was die Vorbereitung eines Toreros vor einenem Stierkampf erfordert. Lernte zu verstehen, das meine ‘Helden’ auch ihre Ängste und Hoffnungen haben, das ein ‘schlechter’ Toro den Erfolg vereiteln kann, und das längst nicht alles Gold ist, was glänzt. Lernte etwas über die Geschichten, über welche die Presse nicht schreibt, lernte diese Welt von innen kennen.
Es folgten Einladungen zu Tentaderos, Corridas seitens anderer Toreros und Ganaderos, welche ich ob der Entfernung oder des Zeitmangels nicht wahrnehmen konnte, leider. Aber eine Einladung, ganz besonderer Art konnte ich mich nicht entziehen. Ein Leser, Aficionado der Extraklasse, ermöglichte mir eine unvergessliche Reise nach Mexico, um Jose Tomas zu sehen. Geht es noch besser? Kaum. Das Ambiente in dieser Plaza ist mehr als faszinierend. Und dann funktionierte mein Computer nicht, um eine angemessene Reportage zu schreiben. Wie sollte es auch anders sein? Beim ‘Debüt’ in Madrid fiel mir die Fotokamera herunter, in Mexico streikte der PC. Und in Sevilla hatte die Videokamera einen Totalausfall... Bei wichtigen Erlebnissen ist die Technik wohl nicht auf meiner Seite...
Meine Schreiberei blieb nicht ungesehen, kurioserweise vom spanisch sprachigen Sektor. Werbung dahingehend habe ich nie gemacht, schreibe ich doch in Deutsch. Aber man hat mich übersetzt, mittels moderner SprachApps und sogar mehrfach kopiert. Ich war sehr überracht, meine Worte in Spanisch unter einem anderen Autor zu lesen. Ich habe nichts unternommen, ganz im Gegenteil, wenn mehrere angesehen Jornalisten meine Artikel kopieren, sollten sie so schlecht nicht sein, oder...?
Tatsächlich bekam ich Einladungen zu Interviews von Localsendern oder Radio, aber ich sah zu, das ich mich elegant aus diesen Angeboten herauswand. Fotos, Radio und Tv sind nicht mein Ding. Bis heute habe ich keinen Torero um ein Foto mit mir gebeten.
Ich rechnete mit einer Statistenrolle, als stiller Beobachter, wenn es hochkam, ins Fernsehen wollte ich nicht. Mein Freund, der ‘Califa de Aragua’, Matador aus Venezuela, begleitete mich. Über die Dreharbeiten habe ich berichtet.
Man hatte mich gefilmt, befragt, vor der Kamera, was mir nicht besonders gefiel. Obendrein sollte ich die unwissende, deutsche Aficionada spielen. Besonders wohl fühlte ich mich nicht in dieser Rolle. Aber was solls, dachte ich, das werden Sie im nächsten Herbst bringen, und kaum einer sieht das. Aber weit gefehlt...
In diesem Monat fand eine der wichtigsten Ferias, die von Sevilla statt und natürlich berichtete Tendido Cero über das Geschehene. Das man ausgerechnet in diesem viel gesehen Programm unsere Reportage brachte, überraschte mich. Nun, um es kurz zu machen, mein Gesicht im Fernsehen zu sehen hat mich nicht gefreut. Über meinen grausigen deutschen Akzent kann ich ja lachen, nicht aber über die Fragen, welche ich stellen musste. Natürlich wusste ich, warum Stiere ‘Fundas’ auf den Hörnern haben, oder was die Brandzeichen und Nummern auf dem Fell der Tiere bedeuten. Da die anderen Teilnehmer ähnliche Fragen gestellt hatten, hoffte ich, das man deren Part in der Sendung bringen würde. Aber es sollte nicht sein, man hat mich nicht ‘herausgeschnitten’. So oft wie ich mich durchmogelte, bei den Dreharbeiten, so oft ‘fand’ mich die Kamera trotzdem.
Die Reportage, gut gefilmt und interessant gestaltet, hat vielen gefallen. Hatte ich gehofft, das keiner die Sendung sieht, das schöne Wetter die Leute ins Freie lockt, hatte ich mich getäuscht. Viele meiner Freunde hatten die Sendung gesehen, ja sogar Bildschirmfotos und Videos gemacht, die sie mir schickten. Ich solle das unbedingt publizieren, meinten alle. Mir war das Ganze eher peinlich, ich habe so gar keinen Hang, bekannt zu sein. Ganz im Gegenteil, in Ruhe alles aus dem Hintergrund zu genießen macht mir mehr Vergnügen. Warum publiziere ich das Ganze also? Für Aficionada Nr. 1, meine Mutter, welche mich steinigen würde, wenn ich es nicht täte, denn nur auf diesem Wege kann sie die Sendung sehen. Ohne spanisches TV und ohne Kenntnisse über die Funktionen vom Internet, ist dieser Blog ihre einzige Informationsquelle.
In diesem Sinne: „Va por ti Mutti“!