Viele von ihnen sind keine ‘Greenhorns’, sondern verfügen über ausreichende Kenntnis, das Geschehen zu interpretieren. So freue ich mich auch diesmal riesig, das R. nicht nur in Vistalegre war, sondern uns seine Eindrücke sehr lebendig schildert.
Da ich, nicht wie geplant an diesem Abenteuer teihaben konnte, ist es ein besonderes Vergnügen, einen Bericht aus erster Hand zu veröffentlichen. „R.“, der aus verstaändlichen, antitaurinischen Gründen anonym bleiben möchte, gilt mein ehrlicher Dank für seine Arbeit.
Mano a Mano in Vistalegre
Vom 22. bis 24.Februar weilte ich mal wieder in Spanien, diesmal in Madrid, um mir meine jährliche Dosis taurinischer Gross- und Kleinereignisse zu besorgen.
Hauptziel war die Corrida de Toros am 23. in der Plaza Vistalegre mit den Diestros Manuel Jesus Cid Salas "El Cid" und Emilio Elias Serrano Justo "Emilio de Justo".Die Stadt Madrid, welche ich noch nicht kannte, bietet selbstverständlich viele Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse, wobei ich hier nur schildere, was zum Thema Tauromaquia gehört.
Am Nachmittag/Abend nach meiner Ankunft, schlenderte ich durch die Stadt und gelangte so auch zur Plaza Mayor, dem Hauptplatz Madrids. Der Platz ist über 400 Jahre alt. Im Laufe dieser Zeit wurde er für vielfältigste Zwecke genutzt, (u.a. fanden hier auch die berüchtigten Autodafe´s, Hinrichtungen der Inquisition statt), so auch für "Stierkämpfe" adeliger Reiter, was aber mit der heutigen Corrida noch nichts zu tun hatte, aber immerhin eine Etappe in ihrer Entwicklung darstellte.
In den Kolonnaden rund um den Platz befinden sich zahlreiche Bars und Restaurants. Eine andalusische Bar fiel mir in´s Auge, da sie mit Stierköpfen, Trastos de Toreo und zahlreichen Fotos dekoriert war.
Auf meine Frage, warum denn fast nur Cornadas abgebildet seien, antwortete der Kellner, das sei halt die Tragödie.
Auf meinen Einwand, Fotos von Triunfos wären doch genauso wichtig, hatte er keine Antwort. Es wollte sich mit ihm kein Gespräch einstellen, lieber machte er dumme Sprüche mit amerikanischen Touristinnen.
Der Barista und Aficinado, welcher für die Deko zuständig ist, hatte an diesem Abend leider keinen Dienst.
Der Vorteil dieser Bebilderung war allerdings, dass ausländische Besucher, nicht über die "armen Tiere" lamentierten, sondern die Gefahr für die Toreros sehr deutlich zu sehen bekamen und auch haufenweise Fotos mit ihren Handys davon machten.
Etwas befremdlich in der heutigen Zeit, war auch die Tatsache, dass es ein paar Fotos mit dem Caudillo Franco gab.
Die Plaza, von aussen schon sehr beeindruckend, bietet im Innern den grössten Eindruck, wenn man oben von den Rängen hinunter in´s Ruedo, dem Herzstück, schaut und umgekehrt.Und genau daraus wurde nichts. Im Ruedo war ein grosses Plastikzelt mit Bühne und Bestuhlung für ein Konzert aufgebaut. Dazu kam, dass gerade der laute und nervige Soundcheck stattfand.
Das, was zu besichtigen blieb, war aber immer noch interessant genug. So gelangt man u.a. in den Patio de Caballos, zur Capilla, den Toriles und zur Enfermeria, zu welcher vom Callejon aus ein eigener gekachelter Gang führt.Am Ende der Besichtigung liegen ein Souvenirshop und das recht gut gestaltete Museo Taurino. Was mir am meisten Spass machte, war die Möglichkeit ein paar Pases mit einem virtuellen Toro zu machen.
An dieser elektronischen Station wiesen zwei Jugendliche in das Gerät ein. Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass man nicht unter Alkohol stehen und keine Herzschwäche haben dürfe.
In einem angedeuteten Ruedo wurde man in ein verkabeltes Korsett gesteckt, welches wiederum in ein Gestänge eingehängt wurde. Bekam die Brille auf, durch welche man sich optisch im Geschehen befindet und die eigene Hand mit Muleta sieht. Eine echte Muleta wurde leider nicht verwendet, sondern ein elektronischer Knüppel mit Schlaufe um´s Handgelenk, welcher das Tuch simuliert.
Der ältere der zwei Jungens, welche dort "normale" Touristen gewohnt sind, erklärte, wie ich in etwa diesen Knüppel zu bewegen hätte. Ich sagte ihm, das wisse ich, ich sei ein Aficionado. Die Beiden waren sehr erfreut und stellten sich als Schüler der dortigen Escuela Taurina vor.
Einige Derechazos en redondo und Pases de Pecho konnte ich anbringen.
Meine "Muleta" hing ja wegen der Schlaufe am rechten Handgelenk und ich frug, ob ich die Hand wechseln dürfte, ich wolle doch Naturales machen. Das waren die Zwei nicht gewohnt, dass dort Jemand mit beiden Händen "torerieren" möchte.
Auch versuchte ich wie Ponce, das Tuch ganz tief vor der Schnauze, durch hin und her schlagen des äussersten Zipfels, den virtuellen Toro zum Angriff zu bewegen.
Also, das elektronisch virtuelle System reagiert nicht auf die Bewegungen, wie es ein echter Stier täte. GOTT SEI DANK! Sonst wäre hier mein Madrid-Ausflug schon zu Ende gewesen.
Leider hatte man nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung, die nächsten "Touris" warteten ja schon. Ich hätte gern noch mehr ausprobiert. Im Prinzip ist es eine elektronische Form des Toreo de Salon.
Der ältere der Schüler befreite mich wieder aus der Verkabelung und wir kamen in´s Gespräch.
Er gratulierte mir, aber ich weiss nicht, ob die Beiden, während ich da mit der enormen Brille, aussehend wie Puck die Stubenfliege und blind für die reale Welt, herumstolperte, sich in Wirklichkeit eins gefeixt haben.Wenn man sich als ausländischer Taurino outet, wird immer erst vermutet, man sei Franzose. Deutsche hat niemand auf dem Schirm.
Dann werde ich auch immer gefragt, welchen Torero ich denn vorziehe. Meine ehrliche Antwort lautet Enrique Ponce und das weisst mich offensichtlich als nicht ganz kompletten Banausen aus. Während unseres kurzen Gespräches zeigte mir der junge Novillero auf seinem Smartphone Fotos von sich, als er immerhin schon ein Cartel in der Maestranza von Sevilla hatte.
Den Beiden wünschte ich für ihre Zukunft noch viel Glück und machte mich langsam auf den Weg, denn am Abend stand ja die echte Corrida im Palacio Vistalegre aus.
Teil II dieses Artikels folgt morgen.