In ‘unserer’ Plaza sieht man nicht nur mehr oder weniger bekannte Toreros, sondern auch Aficionados, welche, wie wir in diesen Wochen, jeden Tag das Geschehen beobachten. Ich taufe diese eingefleischten Aficionados, die „Tertullia“. Einige von ihnen verfügen über ein enormes Wissen über das, was in der Welt der Toros und Toreros passiert, oder geschehen ist. Der eine ist das reinste Lexikon taurino, alle Cartels der Vergangenheit, mit ihren Ergebnissen und kuriosen Dingen hat er im Kopf. Ein anderer kennt sich mit den Stieren sehr gut aus. Früher, zu Belmontes Zeiten, saßen solche Herren, zusammen mit Züchtern, Apoderados und ehemaligen Stierkämpfern in den Cafés zusammen um zu fachsimpeln. Und so mancher Novillero gesellte sich zu ihnen, um sich ihre Versionen der Faenas anzuhören und zu lernen. Auch ich habe meinen Spass, diesen Menschen, die nebenbei Gott und die Welt der Tauromaquia kennen, zu zuhören. Einer von ihnen fertigt Palillos und Estoques de ayuda an. Dieses Jahr überrascht er mich mit einem Hilfsdegen aus Bambus und einem anderen, aus Karbon. Beide sind flexibel und superleicht. Man merkt kaum, das man sie in der Hand hat. Mein Übungsdegen aus Aluminium wiegt fünf mal so viel. Auch dies gehört zu den Details, welcher jeder Torero individuell für sich herausfinden muss. Ich fühle mich, trotz des Mehrgewichts mit meinem schwereren Hilfsdegen wohler. Genauso ist es mit den Materialien der Capas und Muletas. Die Muleta von Eloy zum Beispiel hat zwar das gleiche Gewicht wie meine, aber der Stoff ist steifer. Da brauche ich etwas, um mich mit ihr zu ‘familisieren’. Seine alte Capa, innen mit blauem Stoff liegt mir besser in der Hand, ist mir aber zu kurz in der Höhe. Seine andere, gebraucht von Daniel Luque, ist mir auch zu kurz, schwingt aber besser, wenn ich sie korrekt gebrauche. Jeder Torero muss das für sich herausfinden. Ich weiß, das ein bekannter Matador nach dem Kauf eines neuen Degens, Probleme mit der Estocada hatte. es dauerte mehrere Corridas, bis er sich mit dem Neuen angefreundet hatte, um wie gewohnt, mit perfekten Abschlüssen zu glänzen. Selbst ein neuer Palillo, der die Muleta hält, kann, zwei Zentimeter kürzer, einen großen Unterschied machen. Da kann man sehen, alles liegt in den Details und jeder Torero hat andere Vorlieben, was diese betrifft. Eine schlechte Nachricht erreichte uns am Dienstag. Unser Freund Roman Collado aus Valencia hat keinen Apoderado mehr. 2012, kurz nach dem wir ihn kennen gelernt hatten, debütierte er in seiner Heimatstadt Valencia mit Picadores. Damals, nach seinem ersten Novillo, vor laufender Kamera, wurde ihm von Santiago Lopez und dem bekannten Empresario Simon Casas das Apoderamento angeboten. Anfangs gemeinsam, managten beide den Werdegang unseres Freundes. Wir waren sehr froh darüber, ein Glücksfall für den damaligen Torerolehrling der Escuela taurina de Valencia. Später wollte Santiago Lopez das Management allein weiter führen und 2014 nahm Roman in Nimes seine Alternativa. Alles lief so weit, so gut. Auch die folgenden Corridas, nun als vollwertiger Matador de toros, wurden mit guten Ergebnissen verbucht. Nach der langen Winterpause hatte er nun, 2015 sein erstes Cartel in den Fallas, wo er nicht triumphieren konnte... Mutti und ich machten uns Sorgen. Mittlerweile kennen wir uns etwas aus im Geschäft um Toros und Toreros, und ein schlechter Nachmittag, in einer der führenden Plazas, kann schnell zu einem Rückzug eines Apoderados führen. Und so ist es nun auch gekommen. Natürlich trennt man sich in bestem Einvernehmen, so wird es in der Taurinopresse publiziert. Aber Roman fand auch klare Worte. Der Apoderado habe nicht genug Zeit, um ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Und das ist etwas sehr Wichtiges, wenn ein junges Talent entwickeln will. Da braucht es immer noch jemand, der ihm beim täglichen Training beobachtet, korrigiert und beisteht. Es ist nicht damit getan, in einem Büro zu sitzen und Verträgen hinterher zu telefonieren. Denn auch wenn man die Alternativa, die Gesellenprüfung, bestanden hat, ist Lernen das tägliche Brot und das hat Roman klar erkannt. Bei all dem Wünschen eines jeden Novilleros oder Matadors nach einem Apoderado, ist das Begleiten durch einen Fachmann, am besten durch einen ehemaligen Matador, das, war einen weiter bringt. Wir hoffen, das diese Trennung für Roman einen neuen Abschnitt, aber keinen Einbruch in der Karriere bedeutet. Sind uns aber bewusst, das das Konkurenzdenken in diesem Sektor extrem ist. Schon bei den Tentaderos, gestatten die Figuras den anwesenden Novilleros kaum, zu zeigen was sie können. Sie später an ihrer Seite in einem Cartel zu dulden, ist meist die Ausnahme. Diese Profession ist geprägt von Erfolgen, Neid und Niederlagen, wie ich es aus dem Profireitsport kenne, wo man sogar so weit geht, den Talenten die guten Pferde unter dem Hintern wegzukaufen, damit sie nicht zur bedrohlichen Konkurrenz werden... Ein hartes Geschäft, was einen besonderen Charakter erfordert.
0 Comments
Leave a Reply. |
COLINColin C. Ernst, geb. in Deutschland, lebt in Spanien. Aficionada practica. Ehemalige freie Mitarbeiterin der Ganaderia Victorino |