Meist konzentriere ich mich bei diesen Gelegenheiten sehr auf den Toro oder die Vaca und ihr unterschiedliches Benehmen. Weniger schaue ich mir den jeweiligen Torero an. Im Focus meines Blickes habe ich lediglich das Tier und dessen Bewegungen, provoziert durch das lockende Tuch. Erst wenn ich sehe, dass das Zusammenspiel nicht zustande kommt, konzentriere ich mich auf den Torero. Hier sehe ich, das ‘Warum’. Das rote Tuch lockt das Tier in eine bestimmte Richtung und nicht immer ist der Torero nach dem Kontakt in einer guten Position. Falsch platziert verliert er an Boden und das Tier lernt schnell, wo es den wahren Gegner findet.
In den letzten beiden Tentaderos hatte ich Möglichkeit, Toreros und Produkte
zwei verschiedener Ganaderias zu beobachten, welche nicht unterschiedlicher sein könnten: Marques de Albaserrada und Torrestrella, in Besitz der Familie Juan Pedro Domecq.
Eine lange Karriere hat er hinter sich, die 70ger und 80ger Jahre waren gewiss die besten seines Toreroslebens. Mit diesen Berufsjahren ‘auf dem Buckel’, war ich gespannt, was er mit den ‘Duras’ der Marquesa anzufangen wusste. Mit einem seiner Novillos dieser Zucht war wenig zu sehen, denn der Maestro sah recht schnell, das mit diesem Kandidaten ‘nicht gut Kirschen essen’ war. Kompliziert, manso, gefährlich. Dafür riskiert ein realistisch denkender Mann in seinem Alter nichts.
Damit fertig zu werden, überließ er der Jugend, die sich tapfer ‘verteidigte’ und einige blaue Flecke dafür kassierten. Sein zweiter Novillo war von besserer Qualität, was die vorhersagbaren Formen seines Angriffs betraf. Nicht das er einfach zu lidieren war, aber er war ‘eine lößbare Aufgabe’, für einen Profi. Nicht unbedingt für die jungen Aspiranten, die sich in einigen Pases versuchten. Diese Tiere suchen den Gegner und lernen enorm schnell. Das verkürzt das Schauspiel, denn an einem gewissen Punkt der Lidia, muss die Sache ein Ende haben. Alles andere ist Selbstmord. In einer Corrida endet hier die Geschichte mit dem Tod, bei einem Tentadero entscheidet hier der Züchter. Will er dieses Tier für die Zucht? Nein? Für die Strassenfeste ala Correr Bous? Nein? Verkauf an einen anderen Züchter? Morenito de Maracay, bekannt zu seinen Glanzzeiten als der ‘Rey del Quiebro’, für das spektakuläre Setzen der Banderillas, hat klar die Qualitäten beider Novillos erkannt und demonstriert. Kein Pase war überflüssig, seine Arbeit präziese, ließ er den Stier in seinen Angriffen seine Schönheit entfalten
Eine mehr komerzielle Zucht, der moderne Toro, den die Toreros mehr schätzen, als die ‘Duras’. Motive die ihr Argument haben. Von den vier Vaquitas, die ich im Hause Domecq, in Albulejas, sah, jede eine hatte Qualitäten, die einem Torero erlauben mit Gefallen zu torerieren. Die Vaquillas von Albaserrada sind eher Wespen. Sie verlangen nach Erfahrung, Geduld und beschehren oftmals ein Frakaso. Die Anderen vermitteln ein Gefühl der Sicherheit, indem sie beinahe blind den Tüchern folgen, wenn man sie denn zu gebrauchen weiss. Im Fall der drei Matadore, ein Veteran, zwei Neulinge... Der Erfahrene weiß genau was er tut, die Jungen expirimentieren noch.
Ein Morenito de Maracay hat seine ‘Faena’ fertig, Pablo Aguado und Javier Jimenez suchen noch nach ihrem Konzept, müssen noch Erfahrung sammeln. Für sie wären die Novillos der Marquesa vielleicht eine unlößbare Aufgabe gewesen, für einen Mann mit gewiss 50 jähriger Erfahrung eher eine willkommene Herausforderung.
Der Veteran hat mit ein paar Pases vor einem komplizierten Toro eine Größe gezeigt, welche die Esenz dieses Schauspiels ausmacht. Er hat den Toro, oder in diesem Fall ein Novillo, zu seiner vollen Größe wachsen lassen, um mit ihm zusammen die Größe des Toreo auszudrücken. Sich stets bewusst, wann es Zeit ist aufzuhören, zog er sich stets im richtigen Moment zurück, um seine Arbeit auf uns wirken zu lassen. Nicht jeder versteht es, diesen Moment der Schönheit und Dominanz so ins Rampenlicht zu stellen.
Noch haben sie genug damit zu tun, ein Tier von einem Ort zum anderen zu locken, in der Form, wie sie es in der Schule, ihrer Escuela taurina, oder von ihren Vorbildern gelernt, oder abgeschaut haben. Noch tuen sie sich schwer mit dem Lösen der Probleme die ein ‘Toro malo’ bereitet, noch haben sie keine wirkliche Persönlichkeit. Diese werden sie entwickeln, im Laufe der Zeit, wenn man ihnen Gelegenheiten dazu gibt.
Der Unterschied in der jeweiligen Form des Angriffs ist sichtbar. Die Vaquitas der einen Ganaderia folgen den Tüchern beinahe von selbst, während die anderen nach einem ‘Ergebnis’ suchen. Am Ende ist das Ergebnis, mit einem Torero, der sein Handwerk versteht, das Gleiche. Alle senken ihren Kopf in die lockenden Tücher. Oder eben nicht, wenn man seine Sache nicht gut gemacht hat. In den 15 Minuten, welche das Schauspiel dauert kann man ein Tier gewissermaßen erziehen. Macht man selbst Fehler, lernt es daraus.
Auf den Weiden, rund um das Anwesen lag das ‘Kapital’ der faul im Stroh, die Toros für die Corridas, die Dechstiere. Im Vorbeifahren bewunderte ich aus der Ferne ihre Schönheit.
Bei einem Tentadero handelt es sich leider nicht um einen Besuch im Campo, wo man sich die Tiere auf den Weiden anschaut. Viel mehr als die Plaza de tienta bekommt man oft nicht zu sehen. Im Hause Domecq gibt es gleich zwei davon. Eine unter freiem Himmel, die andere, überdacht, eine Schönheit, wo man auch bei schlechtem Wetter arbeiten kann. Das dies die Heimat eines Rejoneadores war, wurde mir schnell bewusst. Der Boden in den Plazas bestens gepflegt und griffig für Pferd, Rind und Torero. Das Pferd des Picadors war bestens gepflegt und für seine Aufgabe trainiert. In einer kleinen Reithalle, trainierte ein junger Mann mit einem schicken Hengst die Hohe Schule der Dressur. Für mich ein Paradies... Pferde und Toros.